Qualitätsrevolution in der Flasche: VDP.SEKT.STATUT heute! Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) hatte 2020 ein neues Kapitel in der Geschichte des deutschen Sekts aufgeschlagen, in dem im Rahmen der VDP.Bundes-Mitgliederversammlung das VDP.SEKT.STATUT verabschiedet wurde. Die offizielle Einführung erfolgte 2021 und startete die Qualitätsoffensive für deutsche Schaumweine des Verbandes.
Das Statut überträgt die hohen Qualitätsstandards, die der VDP bereits für seine Weine etabliert hat, auf die Herstellung von Sekt. Ziel ist es, die Qualität und den Stellenwert von VDP-Sekten klar erkennbar zu machen und Weinliebhabern einen verlässlichen Qualitätskompass an die Hand zu geben. Nach fast fünf Jahren stellt sich die Frage, wie präsentiert sich das SEKT.STATUT heute? Wurden die Ziele erreicht? Welche Entwicklungen bedarf es noch oder sind für die Zukunft angestrebt?

Im Rahmen der Interviewreihe des Schaumweinmagazins, habe ich beim Verband Deutscher Prädikatsweingüter nachgehakt und Caroline Diel (VDP Schlossgut Diel) vom Arbeitskreis Sekt interviewt.
ein kleines Jubiläum: Das VDP.SEKT.STATUT wird nun fünf Jahre alt. Wie präsentiert es sich heute, sind die Ziele erreicht?
Caroline Diel – Arbeitskreis Sekt VDP (Diel/VDP): Das stimmt, das VDP.SEKT.STATUT wird dieses Jahr fünf Jahre alt, aber in Wirklichkeit beschäftigt sich der VDP bereits seit zehn Jahren intensiver mit dem Thema Sekt und bereits Ende 2015 entstand der erste Entwurf des Sektstatuts.
Wie Du weißt, liebe ich „Bubbles“ und finde es dabei ganz wichtig, hervorzuheben, dass in Deutschland bereits einige ernstzunehmende Sekte entstehen, die definitiv international auf höchstem Niveau mithalten können. Für die Herstellung solcher großen Deutschen Sekte regelt das VDP.SEKT.STATUT die Anforderungen und Produktionsleitlinien.
Es ist ein Lastenheft (ähnlich des „cahier des charges“ in der Champagne) entstanden, welches einen Leitfaden für die Besonderheiten der Sektherstellung darstellt. Das Statut ist unterteilt in zwei Kategorien:
VDP.SEKT und VDP.SEKT.PRESTIGE®.
Wie würdest Du in Deinen Worten das Statut zusammenfassen?
Diel/VDP: Die strengen qualitativen Vorgaben gelten jedoch für beide Stufen und bilden die Basis. Es dürfen ausschließlich von Hand gelesene Trauben aus eigener Erzeugung per Ganztraubenpressung und traditioneller Flaschengärung verarbeitet werden und es findet eine Anerkennungsprüfung statt, bei der die Sekte ihre Qualität sensorisch beweisen müssen.
Auf dem Papier unterscheidet sich ein VDP.SEKT.PRESTIGE® in erster Linie aufgrund seiner längeren Hefelagerzeit vom VDP.SEKT. In der Realität entstehen ganz unterschiedliche Sekt Typen in beiden Kategorien. Wenn ich es mal sensorisch ausdrücken soll:
- VDP.SEKT ist der anspruchsvolle „Sekt für alle Tage“ , hat eine klare Struktur mit animierender Frische. Diese Kategorie erfordert ein Mindesthefelager von 15 Monaten (bei einem Jahrgangssekt sind es 24 Monate).
- VDP.SEKT.PRESTIGE® stellt die Königsklasse der Deutschen Sekte im Verband dar. Das Mindesthefelager ist auf 36 Monate festgelegt, wobei viele geprüfte Sekte der höchsten Kategorie ein deutlich längeres Hefelager aufweisen. Durch dieses entfaltet sich eine besondere Reife und Tiefe, die dem VDP.SEKT.PRESTIGE® einen einzigartigen Charakter verleiht.
Unsere aktuelle Cuvée MO aus dem Jahrgang 2013 reifte beispielsweise 111 Monate auf der Hefe. Weiterhin ist die Benennung der Lage auf dem Etikett ausschließlich dem VDP.SEKT.PRESTIGE® vorbehalten.
Welche Auswirkungen hat es auf die Sektproduktion der VDP-Weingüter?
Diel/VDP: Zusätzlich zu diesen Richtlinien bieten wir regelmäßige Workshops zur Weiterbildung unserer VDP.Gemeinschaft an. Zwei Schaumwein-Ikonen, Mathieu Kauffmann und Volker Raumland, sind in diesem Kreis von Anfang an sehr präsent und haben ihr umfangreiches Wissen und ihre Erfahrung in Sachen Schaumwein-Bereitung geteilt und Input gegeben. Es handelt sich in der Regel um zwei Termine pro Jahr.
- Der erste findet im Spätsommer vor der Ernte statt, um auf den richtigen Erntezeitpunkt sowie die wichtigen Details der Traubenverarbeitung einzugehen, immerhin stellen diese das Fundament von hochwertigen Sekten (z.B. die Ganztraubenpressung, Fraktionierung der Moste, Gärverlauf etc.) dar.
- Der zweite Termin findet im Frühjahr statt, hier liegt der Fokus auf der Verkostung und auf der kritischen Auseinandersetzung mit den entstandenen Sektgrundweinen.
Schon allein durch diese beiden wiederkehrenden Termine ist es uns gelungen, vielen VDP.Weingütern einen Anstoß zu geben, umzudenken und die Sektproduktion anders anzugehen. Es ist wirklich schön zu sehen, wie viele Verantwortliche aus den Betrieben an diesen Workshops teilnehmen und das Besprochene im Nachhinein auch umsetzen.

viele Betriebe mussten erst einmal den Standard schaffen. Sind bereits Veränderungen im Weinberg, in der Qualität oder im Stil sichtbar?
Diel/VDP: Es wurde sich ausreichend Zeit genommen, um das VDP.SEKT.STATUT auszuarbeiten und in seiner Grundform steht es jetzt. Kleinere ggf. nötige Anpassungen können noch vorgenommen werden. Beispielsweise wurde die Kategorie VDP.SEKT.PRESTIGE® ursprünglich auf Jahrgangssekte begrenzt.
Im Laufe der Zeit wurde uns bewusst, dass Reserveweine bei der Sektproduktion eine wichtige Rolle spielen und sowohl Jahrgangscuvées als auch eine Cuvée „Pérpetuelle“, die im Solera-Verfahren entsteht, nicht aus der Königsklasse ausgeschlossen werden sollen. Wenn wir merken, dass Präzisierungen sinnvoll und notwendig sind, können diese auch in der Zukunft eingearbeitet und berücksichtigt werden.
Die Winzerinnen und Winzer arbeiten mehr und mehr an den Feinheiten des Sektausbaus. Erste Veränderungen in den Sektqualitäten sind spürbar, wie mehr Präzision und Finesse. Das verdanken wir vor allem den regelmäßigen Workshops und dem offenen Austausch untereinander.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit dem Verband Traditioneller Sektmacher?
Diel/VDP: Es gibt keine direkte Zusammenarbeit zwischen dem VDP und dem Verband Traditioneller Sektmacher. Allerdings werden die Gemeinsamkeiten mit den Sektmachern im Hinblick auf Qualitätsbestrebungen und Kommunikation deutlich – die Sektmacher-Réserve hat ähnliche Vorgaben wie unser VDP.SEKT.STATUT.
Mittlerweile sind auch einige VDP.Mitglieder bei den Sektmachern aktiv – wir sind ebenfalls seit letztem Jahr Mitglied. Wir ziehen gemeinsam an einem Strang, um die Reputation deutscher Spitzensekte weiter zu stärken und das internationale Verständnis auch des Begriffes „Sekt“ neu zu definieren. (Anm.: Zwei Mitglieder des Sektmacherverbandes sind aktuell Sektgüter im VDP: Sekthaus Raumland und Sektgut Reinecker.)
Einige Weingüter produzieren Deutschen Sekt allg. Ist das Ziel, alle Sekte eines Betriebes auf das VDP.SEKT Niveau zu heben? Wie viel % an VDP.Sekt oder Prestige wird produziert?
Diel/VDP: Die Gewichtung für die einzelnen Betriebe kann ich nicht so genau einschätzen. Fakt ist, dass sich immer mehr Betriebe für die Sekt-Thematik interessieren und auf den Zug aufspringen. In diesem Zusammenhang befassen sie sich folglich intensiver mit den Details und das ist wichtig, um das Qualitätsniveau anzuheben. Es ist mein persönlicher Traum, dass eines Tages alle Sekte unter den Richtlinien des VDP.SEKT.STATUTs erzeugt werden.
Diesem Traum sind wir bei der letztjährigen Mitgliederversammlung ein gutes Stück nähergekommen, da der Beschluss gefasst wurde, dass für Sekte ohne Statut-Zertifizierung, kein VDP-Adler mehr auf der Flasche verwendet werden darf (ab den 2024er Grundweinen). Sprich man kann langfristig davon ausgehen: Trägt ein Sekt das Siegel des VDP, ist dieser immer nach der traditionellen Methode, der klassischen Flaschengärung, hergestellt.

Eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird: Warum gibt es keine Herkunftspyramide wie beim Stillwein?
Diel/VDP: Eine Qualitätspyramide ergibt im Stillweinbereich Sinn, da sich die Herkunfts-Qualität vom Gutswein zur rareren VDP.Grossen Lage zuspitzt. Bei der Klassifizierung der VDP.Sekte geht es primär um die Qualität der Herstellungsprozesse, weshalb ein Pyramiden-System für das Statut nicht ganz so gut passt. Dennoch wird auch der Herkunftsgedanke im Statut berücksichtigt, indem Lagen-Sekte ausschließlich als VDP.SEKT.PRESTIGE® anerkannt werden können. Diese müssen dementsprechend auf Prestige-Niveau ausgebaut werden, um vom Statut anerkannt zu werden.
Der VDP motiviert somit die Mitglieder dazu, das Potential ihrer besonderen Lagen auszunutzen und die Qualität der daraus entstammenden Sekte genügend Zeit zu geben. Im ersten Entwurf des VDP.Sekt.Statuts von 2015 wurde übrigens auf der Dreistufigkeit der Klassifikation aufgebaut. Im Verlauf der Entwicklung hat man gelernt, welche Lagen sich wirklich für die Produktion außergewöhnlicher Sekte eigenen und dass der Faktor Zeit neben der Herkunft eine maßgebliche Relevanz hat. Es ist immer alles im Fluss.
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liebe Caroline, wie wird die Qualität von VDP.SEKT und VDP.SEKT.PRESTIGE® geprüft?
Diel/VDP:Seit einigen Jahren arbeiten wir an der Ausbildung von geschulten Verkosterinnen und Verkostern. Das sind in der Regel Mitglieder, denen die Sektherstellung am Herzen liegt. Es wird nach einem spezifischen Schema verkostet und beurteilt. Hierbei werden besonders die unterschiedlichen Stilistiken berücksichtigt, ob ein Sekt ein „fruchtiger, rebsortengeprägter, eher Deutscher Sekttyp, oder eher ein kräftigerer, internationaler champagnerartiger Typus ist“.
Wie objektiv beurteilen die VerkosterInnen die unterschiedlichen Stilistiken eines jeweiligen Weingutes?
Charakteristiken wie Klarheit, Brillanz, Phenolstruktur, Kohlensäureentwicklung, Stilistik, etc. werden besonders unter die Lupe genommen. Es wird aus Prinzip blind verkostet, alle Prüferinnen und Prüfer bilden sich ihr Urteil und dann werden alle Sekte ausführlich in der Gruppe besprochen. In diesen Diskussionen gehen wir sowohl auf die Handschrift, den individuellen Charakter, als auch auf die grundlegenden Qualitätsmerkmale ein. Insofern entwickelt sich nicht nur die Prüfungskommission, sondern auch die Verkostungsdurchführung von Termin zu Termin weiter. VDP.SEKT.PRESTIGE® wird durch diese nationale Fachkommission geprüft, während VDP.Sekte von regionalen Fachkommissionen nach den gleichen Richtlinien geprüft werden.

Wie hat sich die Akzeptanz von Seiten der Weinbranche und Konsumenten entwickelt? Wie positioniert sich der VDP mit diesem Statut im internationalen Vergleich, z.B. der Champagne?
Diel/VDP: Die Akzeptanz für das Sektstatut ist absolut vorhanden; nun steht im Vordergrund, die Bekanntheit und Bedeutung des VDP.SEKT.STATUTs weiter zu bestärken, um noch mehr Menschen damit vertraut zu machen. Außerdem nehmen die nach dem VDP.SEKT.STATUT erzeugten Sekte bei den VDP.Veranstaltungen einen zunehmend wichtigeren Platz ein.
Die Regularien sind sehr streng und haben auch viel Ähnlichkeit mit denen der Champagne.
Im internationalen Vergleich sind wir strenger als viele vergleichbare Europäische Verbände, da wir insbesondere keinen Traubenzukauf zulassen – der VDP.Adler verbietet den Traubenzukauf aus Prinzip, um die Herkunft noch mehr in den Mittelpunkt zu stellen.
Zum Abschluss noch ein letzte Frage: Denkt der Verband darüber nach, eine weitere Stufe einzuführen? Wie soll sich das STATUT Weiterentwickeln?
Diel/VDP: Nach heutigem Stand sind wir uns einig, dass wir keine Stufe unterhalb des aktuellen VDP.SEKT.STATUTs etablieren möchten. Der VDP steht für Herkunft und höchste Qualitäten und insofern ist es uns wichtig, hier stringent vorzugehen. Es ist viel mehr unsere Mission, stetig weitere Kolleginnen und Kollegen mit auf die „hochqualitative Sektreise“ zu nehmen.
Vielen Dank an Caroline Diel und dem VDP für das Interview „Qualitätsrevolution in der Flasche: VDP.SEKT.STATUT heute!“ und die Beantwortung meiner Fragen. Am 27.04.2025 ist es wieder soweit: Die VDP Weinbörse in Mainz lädt die Fachwelt wieder ein, Weingüter, Entwicklungen sowie aktuelle Neuheiten und Jahrgänge kennenzulernen.
Credit: Titelbild: Copyright_VDP_by_PeterBender_211103 / Die weiteren Bilder sind gemäss Urheberrecht einzeln gekennzeichnet.
Der Text „Qualitätsrevolution in der Flasche: VDP.SEKT.STATUT heute“ wurde nicht beauftragt oder vergütet und hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die Informationen spiegeln die Meinung des VDP.SEKT.STATUT wider. Weiterführende Links dienen lediglich der Information.