„What the SEKT? Facetten und Etiketten“ – engagiert und fachlich kompetent. Diese außergewöhnliche Masterclass für Weinexperten war äußerst anspruchsvoll. An einem Sonntagnachmittag versammelten sich Weinprofis für über drei Stunden, um sich intensiv mit dem Thema Deutscher Sekt, hergestellt nach der (traditionellen) Flaschengärung, auseinanderzusetzen. Lassen Sie uns an dieser Stelle eine kurze Rückschau halten.
Der Weinakademiker Club Deutschland bietet regelmäßig Weiterbildungsseminare, Workshops und auch Masterclasses zu speziellen Themen an. Da Deutscher Sekt in der Weinbranche immer mehr Beachtung und Anerkennung findet, ist es an der Zeit, sich über den aktuellen Stand zu informieren. Gesagt, getan. Als Referentin der Masterclass „What the Sekt?“ und Expertin für Schaumwein hatte ich die Gelegenheit, einen umfassenden und tiefgehenden Einblick in das Thema zu geben.
Wo alles begann
Der Ursprung von Deutschem Premium Sekt liegt in der Champagne. Im 19. Jahrhundert erlebte die Welt eine Begeisterung für prickelnde Weine, und dieser Enthusiasmus verbreitete sich auch in Deutschland. Die erste Sektkellerei gründete Georg Kessler in Esslingen, der seine Karriere bei Veuve Clicquot begann, aber schließlich nach Deutschland zurückkehrte. Weitere Betriebe tauchten in ganz Deutschland auf. Das entscheidende Kriterium, alle Schaumweine, stellte man nach der Traditionellen Flaschengärungsmethode her. Dies blieb so, bis Kriege und ihre Auswirkungen wie u.a. die Schaumweinsteuer den Markt für dieses Luxusprodukt einbrechen ließen. Neue Produktionsmethoden wie die Charmat Methode (Tankgärmethode) erzeugten in kürzerer Zeit einfache, prickelnde Weine.
Die Nachfrage nach preiswerteren Produkten pushte die Umstellung der Sektkellereien von Flaschengärung zur Tankgärmethode: Sekt entwickelte sich von einem glamourösen Produkt zu einem billigen Massenprodukt und durfte nur von großen Unternehmen hergestellt werden. Es sollte bis in die 1980er Jahre dauern, als den Winzern die neuen EU-Verordnungen erlaubte, Sekt (Deutscher Sekt/Dt. Sekt b.A./Winzersekt/Crémant) zu produzieren und zu verkaufen. Dies ermutigte eine kleine Gruppe, sich wieder der Klassischen Flaschengärung zuzuwenden. So entstand die heutige Kategorie des Traditionellen Flaschengärsekts, eine vergleichsweise junge Sparte, die stetig wächst und mit zunehmendem Knowhow höchste Qualität und Ausdruck verspricht.
What the Sekt?
Allein diese Frage wirft Kopfschmerzen auf, denn das deutsche Weinrecht ist alles andere als einfach und klar formuliert. Die Gelegenheit, in den 1980er Jahren eine klare Qualitätspyramide zu schaffen, wurde verpasst. Unter dem allgemein umfassenden Begriff fällt alles! Schauen wir uns die Klassifizierung kurz an, dabei konzentrieren wir uns nur auf die Qualitäten ab dem Qualitätsschaumwein aka Deutscher Sekt und beachten dabei nur die Flaschengärung (Transvasierverfahren) oder Traditionelle Flaschengärung:
Die Qualifikationsstufen sind insbesondere im Basisbereich unklar, und es ist möglich, Qualitätssekt mit allen drei Methoden (Tankgärung, Transvasierverfahren und traditionelle Flaschengärung) und in einer erster oder zweiter Gärung herzustellen. Auch die Definition von Crémant und Winzersekt ist nicht immer eindeutig, da jedes Anbaugebiet seine eigenen Besonderheiten und Anforderungen hat. Leider ist es unwahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit eine neue Regelung gefunden wird, ähnlich wie sie Sekt Austria oder CAVA DO eingeführt haben. Nicht absehbar auch, dass Sekt nur mit Klassischer Flaschengärung in Verbindung gebracht wird und Schaumwein für alle anderen Prickler steht.
Wussten Sie, dass bei allen Qualitätsschaumweinstufen die Minimumhefereifezeit bei Traditionelle/Klassischen Flaschengärung bei nur 9 Monaten liegt?
Crémant & Winzersekt – kein geschützter Ursprung
Eine weitere Herausforderung ist, dass der Großteil von Winzersekt/Crémant nicht immer als solcher deklariert wird, sondern in der großen Menge von meist industriell hergestelltem Deutschen Sekt verschwindet. Dies geschieht, weil Weingüter Rebsorten aus verschiedenen Anbaugebieten für ihr Cuvée verwenden und somit aus der höheren Klassifikation herausfallen. Oder den Schaumwein einfach nicht als Winzersekt oder Crémant bezeichnen möchten, um flexibel zu bleiben und den bürokratischen Aufwand zu umgehen. Während Crémant immer öfter in Erscheinung tritt, ist leider der Begriff Winzersekt kaum zu sehen. Sicherlich ist hier das Problem, dass beide Begriffe nur Herstellungsmethoden bekleiden, aber nicht wie ein Champagner, CAVA DO oder Franciacorta einen regionalen Ursprungsschutz besitzen.
Vielfalt
In Bezug auf die Vielfalt von Schaumweinen behaupte ich, dass Deutschland führend ist. Wir verfügen über ein riesiges Sortiment an Rebsorten, die für die Herstellung von Sekt erlaubt sind:
- Aromatische Rebsorten wie Sauvignon Blanc, Grüner Veltliner, Scheurebe, Gewürztraminer etc.
- Riesling, Silvaner
- Burgunderrebsorten wie Spätburgunder, Meunier, Grau- und Weißburgunder sowie Chardonnay.
Natürlich legt jedes Anbaugebiet Wert auf seine traditionellen Sorten, was absolut verständlich ist. Mittlerweile finden sich auch bei den aromatischen Schaumweinen exzellente Qualitäten. Die Zeiten von fruchtigem, süßem, prickelndem Saft sind vorbei – heute zeichnen sich die Weine durch Finesse, feine Fruchtaromatik und eine angenehme Trockenheit – im Brut-Bereich – aus.
Insbesondere Riesling in all seinen Variationen, ob jung, frisch, aromatisch oder lange gereift, zeigt als Schaumwein enormes Potenzial – vielleicht könnte er sogar ein Alleinstellungsmerkmal für Deutschland sein?
Sichtbarkeit und Image
Die Erkennung und Beschreibung von Sekt in Bezug auf seine Qualität ist keine einfache Aufgabe. Hier haben in letzter Zeit zwei etablierte Verbände einen Beitrag geleistet, indem sie ihre Regeln und Statuten für die hochwertige Sektproduktion vorgestellt haben. Sowohl die Qualitätsoffensive des Verbandes der Traditionellen Sektmacher (VTS) als auch das VDP.SEKT.STATUT des renommierten Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) haben hier in die richtige Richtung gestoßen. Sensorische Bewertungen, strengere Produktionsvorschriften (längere Hefelagerzeiten) und die Einhaltung des Reglements ermöglichen es – bei Freigabe durch die Verbände – den Produzenten, entsprechende Kennzeichnungen/Signets auf den Flaschen anzubringen.
Dies ist vorteilhaft für die Kunden, da sie so schneller eine Qualitätsbewertung vornehmen können. Allerdings sollten wir beachten, dass diese Kategorien noch im Aufbau sind und erst in einigen Jahren ihr volles Potenzial entfalten werden. Die Sektproduktion ist ein langfristiges Investment – Weinberge, Keller und Lagerkapazitäten müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein.
What the Sekt? – ein Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Deutscher Sekt nicht in einem Satz beschrieben werden kann, da es viele Facetten gibt. Auch die rechtlichen Weinvorschriften für die Beschriftung lassen nicht unbedingt einen Rückschluss auf die Qualität zu. Doch ein Blick des Konsumenten auf die Erwähnung der Klassischen Flaschengärung auf den Etiketten, dem Begriff Crémant sowie den neuen Kennzeichnungen (Signets) kann helfen, hochwertige Sekte zu finden. Die Bemühungen der bekannten Verbände zur Qualitätssicherung werden die Sichtbarkeit von hochwertigem traditionellem Flaschengärsekt weiter stärken und fördern. Das lässt positiv stimmen – Prost!“
An dieser Stelle ein Dankeschön an Christine Scharrer (Weinakademiker Club Region Mitte), einer bekennenden Schaumweinliebhaberin für die hervorragende Organisation. Die anschließende Blindverkostung lebte von den besonderen Themenflights, zu denen Christine und ich u.a. Sekte aus unseren Raritätenkisten zur Verfügung stellten. Auch ein herzliches Dankeschön an die Unterstützung durch die Weingüter und Sektmacher!
Die Verkostung:
Credits:
Der Artikel wurde weder in Auftrag gegeben, noch vergütet und spiegelt alleine meine Meinung wider. Weiterführende Links dienen der Wissensvermittlung. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit aller Informationen übernehme ich keine Gewähr.
Fotos/Chart – Nicole Wolbers / die Signets – VTS und VDP