Winzersekt – ein prickelnder Verführer! Wir Deutschen lieben erfrischende Schaumweine. Eine Vielzahl ambitionierter Sektmacher produzieren heute immer mehr Winzersekte auf Spitzenniveau. Ich verrate Ihnen alles zur Herkunft und Stilistik der exklusiven Weine.
Die Schaumweinproduktion hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits zu Beginn des 19. Jhd. entstanden überall im Land Sektkellereien. Gegründet von Rückkehrern wie Georg Christian Kessler, der das Handwerk der Traditionellen Flaschengärung beim berühmten Champagnerhaus Veuve Clicquot erlernte. Sie legten den Grundstein für hochwertige Flaschengärsekte, aus denen sich später die sogenannten Winzersekte als höchste Qualitätsstufe entwickelten.
Rheinhessen – Ursprung des Winzersektes
Bis in die 1970er Jahre besaßen die großen Sektkellereien das Monopol zur alleinigen Schaumweinherstellung, bevor eine EU-Weinrechtsverordnung es den Winzern erstmals erlaubte, ihren eigenen Sekt produzieren. Damit begann ein langsames Umdenken, hin zur Qualität und weg von Quantität. Doch der Begriff Winzersekt erregte erst zehn Jahre später Aufmerksamkeit.
Zu verdanken war dies zwei jungen Winzern aus Rheinhessen. In Ermangelung einer Versektungsanlage wollten sie ihren Grundwein zunächst zu einem Lohnversekter bringen und ihn anschließend im eigenen Weingutskeller reifen lassen. Aufgeschreckt meldet sich der Fiskus beim Weingut, man müsse für den Wein, der den Hof verlässt, die fällige Sektsteuer zahlen. Daraus entbrannte ein Streit, der schließlich vor einem Mainzer Gericht landete. Und das Gericht legte fest, dass ein Winzersekt aus Grundweinen assembliert sein muss, die der Winzer selbst erzeugt und getrennt nach Weinbergslage, Rebsorte und Jahrgang zur Sektherstellung verwendet. Die Versektung selbst darf sowohl im Weingut als auch beim Lohnversekter stattfinden, muss aber die traditionelle Flaschengärmethode anwenden. Der fertige Wein wird als Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete (Q.b.A) mit dem Namen der jeweiligen Weinregion auf dem Etikett versehen.
Handwerkskunst
Ein Winzersekt beginnt mit der Selektion gesunde Trauben im eigenen Weinberg, die von Hand geerntet und später vorsichtig gepresst werden. Durch die erste Gärung entsteht der Grundwein entweder im Holzfass oder im Edelstahltank. Ein separater Ausbau nach Rebsorte, Lage etc. orientiert sich dabei am gewünschten Charakter des fertigen Schäumers.
Neben der Handarbeit im Weinberg benötigt der Kellermeister viel Erfahrung, um die passenden Grundweine zu verschneiden. Ausgewählte Weine oder Cuvées werden durch die Zugabe von Zucker und Hefe ein zweites Mal für mindestens neun Monate in der Flasche vergoren. Das entstehende Kohlendioxid macht den Wein erfrischend, prickelnd. Ambitionierte Kellermeister spielen dabei auf Zeit: durch einen viel längeren Hefekontakt betonen sie feine Aromen wie Brot oder Brioche, und der Sekt gewinnt an feinem Schmelz und Cremigkeit.
Vor dem Verkauf kommen die Glasflaschen dann in sogenannte Rüttelpulte. Täglich per Hand gedreht und langsam auf den Kopf gestellt, rutscht die Hefe langsam in den Flaschenhals. Heutzutage kann diese Aufgabe aber auch durch Maschinen wie die Gyropalette übernommen werden. Zum Schluss degorgiert der Sektmacher den Wein und macht ihn durch eine kleine Zugabe (Dosage) von Wein, der keinen oder nur etwas Zucker enthalten kann, trinkbereit. Wichtig: im Gegensatz zum einfachen Sekt ist die Versektung nach der Traditionellen Methode Pflicht und auf dem Etikett als Traditionelle oder Klassische Flaschengärung deutlich gekennzeichnet.
Regionales Qualitätsversprechen
Alle dreizehn deutschen Anbaugebiete pflegen und beleben heute ihre Schaumweintraditionen. Jede Region besitzt ihre eigenen Anbaubedingungen bezüglich Klimas und Böden. Auch die Rebsorten, teilweise historisch bedingt, betonen den Charakter eines regionalen Schäumers. Im Rheingau und an der Mosel fasziniert traditionell der Riesling, während in der Pfalz und in Rheinhessen Burgundersekte für Spannung sorgen.
Dass Sekt aus Deutschland erstklassig ist, bestätigt auch das vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) neu eingeführte VDP.SEKT.STATUT. Bestes Handwerk, Regionalität sowie die Typizität der traditionellen Rebsorten wie Riesling stehen klar im Vordergrund. Als erste Sektmanufaktur wurde 2020 das Sekthaus Raumland als Mitglied aufgenommen.
Welcher Weinstil darf es sein?
Noch nie kam Winzersekt in so vielen Farben auf den Markt. Obwohl weiße Schaumweine den Markt dominieren, schimmern immer öfter roséfarbene Prickler im Glas. Auch die Kategorie Blanc de Noirs (weiß gekelterte Weine aus roten Rebsorten) ist verstärkt nachgefragt, dagegen bleiben die roten Schaumweine eine regionale Nische.
Vom Jahrgangs-, Lagen- bis hin zu rebsortenreinen Schäumern wird eine wunderbare Vielfalt angeboten. Dabei müssen die Grundweine mindestens 85 Prozent der angegebenen Lage oder Rebsorte enthalten. Immer populärer werden Cuvées, die es dem Winzer erlauben, die besten Eigenschaften unterschiedlicher Grundweine zu einem harmonischen Geschmacksbild zusammenzustellen.
Qualitätsschaumweine gibt es heute für jeden Geschmack. Nach einer Studie des Deutschen Weininstitutes genießen wir am liebsten einen erfrischenden Brut (0 zu 12 g/l Restzucker), dicht gefolgt von der süßlichen Trocken Variante (17 – 32 g/l Restzucker). In letzter Zeit zeichnet sich aber ein klarer Trend hin zu Winzersekten mit weniger oder sogar ganz ohne Dosage ab. Diese Weine sind als Extra Brut (0-6 g/l) oder Brut Nature (0-6 g/l Restzucker) erkennbar.
Riesling in Sektlaune
Riesling erweist sich als perfekte Sektrebsorte mit großem Potenzial und einem klaren Alleinstellungsmerkmal. Aufgrund seiner ausgeprägten Säure und Leichtigkeit, wird er von vielen heimischen Winzern versektet. Stilistisch vielfältig bietet er rassige, fruchtige aber auch gereifte, hefebetonte Versionen. Es braucht allerdings viel Fingerspitzengefühl, um feinsten Rieslingsekt zu produzieren. Denn sonst besteht die Gefahr, einfache, fruchtige und bitter schmeckende Weine zu erzeugen, die einfach keinen Spaß bringen.
Einer, der weiß, wie es geht, ist Mathieu Kauffmann – ehemaliger Chef de Cave bei Champagne Bollinger. 2013 übernahm er beim berühmten Weingut Reichsrat von Buhl im pfälzischen Deidesheim die Position des Kellermeisters und verband die Präzision eines Champagnerhauses mit dem Pfälzer Terroir. Insbesondere beim Riesling gelangen ihm expressive Exemplare. So besticht sein Riesling Brut mit einer frischen Mineralik, unglaublichem Schmelz und Aromen von Blätterteigteilchen mit Apfelkompott. Mit dem Suez Riesling Vintage Brut Nature 2015 ist ihm etwas Besonderes gelungen. Dieser Riesling ist jetzt schon spannend am Gaumen, da er ein präzise ausbalanciertes Säure-Fruchtspiel zeigt. Die feinen Briochenoten untermalen die gereiften Fruchtnoten mit einer wunderbaren Cremigkeit. Mittlerweile gehen das Weingut und Kauffmann getrennte Wege. So hat Mathieu Kauffmann vor einigen Jahren mit dem VDP Weingut Christmann das Sektgut Kauffmann & Christmann gegründet.
Im Aufwärtstrend befinden sich heute die sogenannten Burgundersorten wie Chardonnay, Pinot Noir, und Meunier. Bekannt aus der Champagne, beeindrucken auch die deutschen Varianten den verwöhnten Gaumen. Ein Highlight sind die seltenen Prickler aus aromatischen Rebsorten wie dem historischen Elbling von der Mosel oder der Muskateller aus der Pfalz.
Winzersekt – Visitenkarte des Weingutes
Winzersekt steht für Regionalität, Handwerk und Passion. Verwurzelt in der Heimat und mit einem Augenmerk auf Qualität steht jede Flasche für den persönlichen Ausdruck und die Philosophie des Weingutes. Durch die Vielfalt an Rebsorten, Anbaugebieten und Vorstellungen des Winzers, drückt jeder Winzersekt einen individuellen Charakter, auch trägt er die Handschrift des Kellermeisters.
Dies passt perfekt auf Volker Raumland. Bereits in den 1970er Jahren startete er als Lohnversekter mit seiner mobilen Sektanlage und eignete sich im Lauf der Jahre ein enormes Wissen an. Schließlich gründete er sein eigenes Sekthaus. Zu einer Zeit, als andere Sekt nicht ernst nehmen, produziert er bereits aufwendig hergestellte Schaumweine. Schnell wird ihm klar Sekt nicht als Wein zu denken ist, sondern von Beginn an als Sekt. Seine Erfolge gaben seiner Vision recht und machen ihn zum Vorzeigesektmacher Deutschlands.
Zeitgleich produzierte das Wein- und Sektgut Wilhelmshof aus der Pfalz eine kleine und feine Menge Sekt für den Eigenbedarf. Die Eltern von Winzerin Barbara Roth liebten Schaumweine so sehr, dass sie sich eine Flasche Sekt für jeden Sonntag im Jahr produzierten. Sehr schnell wurden aus den einstmals 52 Flaschen ein heute sehr aufregendes Sektsortiment.
Heute landen Schaumweine bei nationalen und internationalen Weinwettbewerben regelmäßig auf den ersten Plätzen. So ist der Raumland’s Triumvirat 2011 beim Falstaff Sparkling Special 2020 als einer der besten europäischen Schaumweine gelistet. 2020 vergab parallel der Decanter Wine Award Silbermedaillen an den Rosé Brut von Reichsrat von Buhl und den Mademoiselle Riesling Brut der Villa Huesgen von der Mosel. Die Auszeichnungen deutscher Prickler sprechen für sich.
Sektkultur mit Zukunft
Noch nie war Sekt so spannend, vielfältig und von bester Qualität. Vor vielen Jahren war die Spitze der Sektmacher eine kleine Gruppe, doch das hat sich zur Freude vieler Sektliebhaber geändert. Das größte Potenzial hat eindeutig Rieslingsekt, kann er durch seine Typizität dem deutschen Qualitätsschaumwein noch mehr Einzigartigkeit verleihen.
Das Reglement von Winzersekt sowie des VDP.SEKT.STATUT ist nicht perfekt, da es z. B. Regionen übergreifende Cuvées nicht erlaubt oder Lagen von Still- auf Sektweine übertragen. Aber sie bieten den nötigen Rahmen und Anhaltspunkt für Konsumenten auf der Suche nach bestem Schaumwein. Und der zunehmende Erfolg von Sekt auf allen Ebenen macht Lust auf mehr. Die Zukunft für deutschen Winzersekt sah nie prickelnder aus!
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Dieser Artikel wurde weder in Auftrag gegeben noch vergütet und spiegelt alleine die Meinung des Weingutes wider. Weiterführende Links dienen der Wissensvermittlung. Wollen Sie gerne regelmäßig auf dem Laufenden bleiben, dann abonnieren Sie gerne den Newsletter des schaumweinmagazins.
Fotos: Canva Pro – Nicole Wolbers/ Familie Raumland – Oliver Rüthers / Wein- ung Sektgut Bamberger – Timo Volz