Vielfalt bei der Schaumweinherstellung! Unangefochten ist Deutschland seit Jahrzehnten Weltspitze in Sachen Konsum von Schaumweinen. Fragt man Konsument*innen dazu, erlebt man oft Verunsicherung darüber, welche Stilistiken und Herstellungsmethoden es eigentlich gibt. Erfahren Sie das Wissenswerte im folgenden Artikel.
Wer den Schaumwein wirklich erfunden hat, darum ranken sich viele Geschichten. Ziemlich sicher ist, dass ein Mönch namens Dom Pérignon, den Schaumwein, so wie wir ihn heute kennen, auf den Weg brachte. Aber die ersten schriftlich dokumentierten Hersteller waren 1531 Mönche aus dem Süden Frankreichs, nämlich Limoux. Eher ein Zufallsprodukt, da man zu dieser Zeit nie einen Wein durch Gären ließ. Es waren also immer Restzucker und Hefe in der Flasche, die bei wieder steigenden Temperaturen ihre Arbeit aufnahmen, Kohlensäure produzierten sowie den Zucker weiter abbauten.
Erfindung des Schäumers
Aber zurück zu Dom Pérignon – im 17. Jahrhundert produzierte er in der Champagne ganz normale Weißweine. Unverändert füllte man auch zu seiner Zeit, den Wein (inklusive noch vorhandenem Restzucker und Hefe) zu früh in die Flasche und das Spiel des Frühlingserwachens beziehungsweise des Weitervergärens wiederholte sich. Doch anders als seine Vorgänger verstand Dom Pérignon als einer der Ersten, welche Inhaltsstoffe und Bedingungen im Wein zu den wiederkehrenden Bläschen führten. Ihm wurde klar, dass die Zugabe von Hefe und Zucker zum Wein Kohlendioxid entstehen ließ. Das Abfüllen in geschlossene Gefäße sie einfing.
Zur gleichen Zeit erfreuten sich die prickelnden Weine aus der Champagne in England einer zunehmenden Beliebtheit, sodass clevere Champenoise darin einen Wein mit Potenzial sahen. Man produzierte immer mehr von dem wundersamen prickelnden Wein! Im Laufe der Jahrhunderte optimierte die Champagne die Herstellung bis zur Perfektion und nannte sie Méthode Champenoise. Er wurde so zum Inbegriff und zum Maß aller Dinge in der Schaumweinherstellung.
Kommt schnell, Brüder – ich trinke Sterne!
In der Tat sehen die im Glas tänzelnden Perlen wie kleine, blinkende Sterne aus. Allerdings war es damals lebensgefährlich, im Weingutskeller zu arbeiten. Regelmäßig flogen die Korken heraus oder die dünnen Flaschen explodierten aufgrund des zu hohen Druckes. Kein Wunder, dass Schaumwein zu den aufwendigsten und technischsten Weinen der Welt gehört. Es sind in der Regel zwei Vorgänge notwendig, um den Wein zum Prickeln zu bringen. Diese beherrschte lange Jahre nur die Traditionelle Flaschengärung (Méthode Champenoise) in Bestform.
Da teuer, langwierig und aufwendig suchten Hersteller lange Zeit nach Alternativen, also nach einer Vielfalt der Schaumweinherstellung. Heute stehen unseren Sektmachern fünf Verfahren zur Verfügung, um Kohlensäure in den Wein zu bekommen. Gleich geblieben ist – die Zugabe von Zucker, Hefe, doch ebenso wichtig ist, dass die Trauben zwar reif, ohne zu hohe Öchslegrade, aber mit einer hohen Säure geerntet werden. Sonst wird der Gesamtalkohol zu stark und der Sekt wirkt nicht mehr spritzig genug.
KLASSISCHE Traditionelle FLASCHENGÄRUNG
Aus handverlesenem, bestem und schonend gepresstem Traubenmaterial stellt der Chef de Cave zu einen Basiswein her. Dieser kann entweder Solo oder mit verschiedenen Grundweinen zu einem Cuvée assembliert werden. Man möchte möglichst den perfekten Wein erhalten. Nach dem Verschneiden fügt man eine Mischung aus Zucker und Hefe (Tirage) in die Flasche, die üblicherweise mit einem Kronkorken verschlossen wird. Die nun beginnende zweite Gärung erzeugt so lange die gewünschten Bläschen, bis der Zucker vollständig abgebaut ist.
Der Schäumer verbringt eine vorgegebene Zeit auf dem Hefelager (Autolyse), um das gewünschte Aromaprofil zu entwickeln. Während dieses Prozesses sammelt sich die abgestorbene Hefe am Flaschenrand. Durch sukzessives Aufstellen und Drehen der Flaschen (Rütteln) im Rüttelpult rutscht die Hefe in den Flaschenhals, wird im Kältebad angefroren und aufgrund des inneren Flaschendrucks beim anschließenden Degorgieren herauskatapultiert. Der finale Schritt ist die Dosage, das heißt die beim Degorgieren verlorene Menge Sekt wird mit Wein und Zuckermenge je nach Süßegrad wieder aufgefüllt. Als Königsdisziplin bringt sie höchste Qualitäten, feinste gut eingebundene Kohlensäureperlen hervor. Kein Wunder, entstehen mit dieser Methode der Schaumweinherstellung die teuersten Prickler der Welt. Ich nenne als Beispiele einmal Champagne Boerl und Kroff (eine Flasche ab 1800 Euro) oder das Maison Krug mit seinem Clos d’Ambonnay Blanc de Noirs Brut (Flaschenpreis ab ca. 3000,- Euro).
Profil
Durch den längeren Hefekontakt entsteht das feine sogenannte autolytische Aromaprofil. Das Bukett reicht von Nüssen, frischem Brotteig bis hin zu süßem Gebäck. Je länger die Flaschenreife andauert, umso cremiger und feinperliger wird die Perlage und umso zurückhaltender wird das frische Fruchtprofil. Der Prozess der Reife setzt ein.
- Flaschendruck 5–7 bar
- Verwendet für Champagner, Crémant, Cava, Franciacorta, Winzersekt, Cap Classique
- Hefelagerzeit von verschiedenen Schaumwein: Crémant, Sekt (Österreich, Deutschland) und Cava (Spanien) 9, Champagner (Frankreich) 12, Cava Gran Reserva (Spanien) 32, Vintage Champagner (Frankreich) und Franciacorta Riserva (Italien) 60 Monate
- Auch als Metodo Classico, Méthode Champenoise oder Méthode Traditionelle bezeichnet, je nachdem in welchem Land der Schaumwein produziert wird.
Schnell und wirtschaftlich – TANKGÄRUNGsverfahren
Wären die beiden Weltkriege nicht gewesen, hätte diese Methode zur Schaumweinherstellung sicherlich nicht so einen großen Anklang gefunden. Erst sei 1910 wird sie zur Herstellung eingesetzt. Das Verfahren ist wesentlich schneller und weniger arbeitsintensiv, da die zweite Gärung nicht in Flaschen, sondern in großen Tanks stattfindet. Auch hier wird dem Grundwein die Zucker-Hefe-Mischung („Tirage“) zugefügt und durchläuft die zweite Gärung. Erst, wenn ausreichend Druck erzeugt wurde, wird der Wein gefiltert. Zum Feintuning des Stils wird der nun prickelnde Schäumer im Tank mit der nötigen Dosage versetzt und anschließend in Flaschen abgefüllt. Aufgrund der geringeren Kosten und marktorientierten Produktion kann der Prickler viel günstiger angeboten werden. Auf dem deutschen Markt sind aktuell über neunzig Prozent aller Sekte nach dieser Methode hergestellt. Sie sind qualitativ durchschnittlich gut gemacht und könnten wesentlich besser sein, würden die hochwertige Trauben und Grundweine verwendet werden.
profil
Hier liegt klar der Fokus auf Frische und Primärfruchtigkeit, also unkomplizierte Leichtigkeit im Schaumwein. Ein stärkerer Hefeeindruck wie bei der Traditionellen Flaschengärung ist nicht gewünscht. Diese Weine sollten jung getrunken werden.
- Flaschendruck: 2–4 Bar
- Beispiele: Prosecco Spumante, Lambrusco, Sekt
- auch Méthode Charmat, Metodo Italiano, Martinotti oder Cuvée Close
- Asti Methode (eine Variation)
Der Mittelweg – TRANSVASIERVERFAHREN
In der Tat wurde dieses Verfahren entwickelt, um die Vorteile einer Flaschenreifung zu erhalten, aber den Aufwand des Degorgierens jeder einzelnen Flaschen zu reduzieren. Es verbindet also die Méthode Traditionelle mit dem Tankgärverfahren. Die Flaschen werden nach der gewünschten Lagerzeit auf der Hefe in einen Drucktank entleert und gefiltert, um die abgestorbene Hefe zu entfernen. Anschließend werden die fertigen Schäumer Weine in Flaschen gefüllt. Danach werden die fertigen Schäumer in Flaschen gefüllt. Ein großer Vorteil dieser Methode ist es, dass jede Flaschengröße verwendet werden kann. Sie benutzen einige große Champagnerhäuser, um Sondergrößen wie Salmanazar (12 Liter), Jéroboam (vier Liter) oder Doppelmagnum (1,5 Liter) abzufüllen.
profil
Qualität und Perlage sowie das Geschmacksprofil ähneln der klassischen Flaschengärungsmethode.
- auch Transversage genannt
- Flaschendruck: 5–7 Bar
- Beispiel: Sekt, Champagner
Die Ursprüngliche – Méthode Ancestrale
Interessanterweise haben viele junge Winzer*innen für sich die ursprüngliche Form der Schaumweinherstellung wieder entdeckt. Schon lange vor der Zeit des berühmten Champagners von Dom Pérignon wurden gärende Grundweine in einem Gefäß verkorkt und die entstehende Kohlensäure eingefangen. Wohl eher unbewusst, denn offene Weinflaschen konnten unmöglich an die Kunden geliefert werden. Der Schaumwein entsteht bei dieser Methode durch nur eine Gärung. Man bringt den noch blubbernden Grundwein in die Flasche und verschließt sie. Aber anders als früher dürfen sich die heutigen Chefs de Cave entscheiden, ob sie den Wein vorab filtern oder infiltriert auf den Markt bringen wollen. Letzterer erfreut sich bei Naturweinfreunden einer immer größer werdenden Beliebtheit.
Zu beachten ist, dass bei unfiltrierten Schaumweinen, das Vergären nicht in allen Behältnissen gleichmäßig vonstattengeht. Deshalb sind Schwankungen bezüglich Restzucker und Druck in den einzelnen Flaschen zu tolerieren. Bitte öffnen Sie diese Flaschen nur mit Vorsicht und kontrolliert, um ein Herausschießen des Weines zu verhindern.
profil
Der Geschmack kann sehr unterschiedlich sein. So können Rurale Prickler frisch, mit feiner Perlage, feinem Fruchtspiel und einem traditionellen, vergärten Schaumwein sehr ähnlich sein. Andere wiederum, oft ungefilterte, sind schäumender und neigen zu einer gröberen Perlage. Der Geschmack hängt dabei stark von der gewählten Rebsorte sowie der Länge des Schalen- bzw. Hefekontaktes ab. Je intensiver, umso mehr erinnern die Weine an Cidre, oft mit einer schmeckbaren Fruchtsüße, niedrigem Alkohol sowie einem herben, malzigen, Gerbstoff geprägten Charakter.
- bis zu 7 bar
- Verwendet für Clairette de Die, Pet Nat, Prosecco Col Fondo
- Pétillant Naturel (Pet Nat) oder Méthode Rurale
Unkompliziert & einfach – KARBONISIERUNG
Hier werden Stillweine unter Druck mit (künstlichem oder natürlichem) Kohlensäure versetzt. Das simple Verfahren wird meist bei sehr einfachen Schaumweinen, oft mit weniger Bar in der Flasche eingesetzt. Die Qualitäten können von gut bis weniger beeindruckend schwanken.
profil
Karbonisierung sorgt für eine leichte, unkomplizierte Frische im Wein. Bevorzugt werden aromatische Rebsorten mit kräftigem Bukett für die Produktion verwendet, dabei entsteht ein fruchtiger, perlender Wein oft mit Restsüße und niedrigem Alkoholgehalt. Diese Weine sollten jung getrunken werden. Achtung, die Perlage verflüchtigt sich schnell im Glas!
- auch Imprägnierverfahren genannt
- Beispiele: Perlwein, Prosecco Frizzante
- Flaschendruck: 3 Bar
Vielfalt der Schaumweinherstellung
Unglaublich, welche Vielfalt es alleine bei den Herstellungsmethoden gibt. Wurden bis vor den Weltkriegen Schaumweine nur mit der Methode Traditionelle hergestellt, werden heutzutage über 90 Prozent der Schäumer in Deutschland mit der Tankgärmethode produziert. Dennoch nach den Sternen zu greifen, wie Dom Pérignon es uns vorgeschwärmt hat, wird immer einfacher. Viele Weingüter wählen heute bewusst die aufwendige klassische traditionelle Flaschengärmethode, um für mehr Trinkgenuss und Qualität zu sorgen. Dabei wird sie spannungsreich ergänzt durch einen Trend nach Ursprünglichkeit, der Methode Ancestrale.
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Credits:
Der Artikel wurde weder in Auftrag gegeben, noch vergütet und spiegelt alleine meine Meinung wider. Weiterführende Links dienen der Wissensvermittlung.
Fotos: Canva – Nicole Wolbers / Ruettelpult & Degorgement – Deutsches Weininistitut