Unsere #sekttourdeutschland führt uns jetzt von der Obermosel flussabwärts in die sogenannte Schiefermosel. Hierunter fasst man die Regionen Saar, Ruwer, Mittelmosel und Terrassenmosel zusammen. Im Gegensatz zu den Kalkböden der Obermosel finden sich hier vorwiegend Schieferböden. Überall werden verlassene, oftmals extrem steile Weinberge wieder mühevoll aufgearbeitet und produzieren jetzt ausdrucksstarke Weine und Sekte. Außerdem werden immer mehr beste Lagen für die Sektproduktion verwendet, was zu einem weiteren Qualitätssprung geführt hat. Auch wenn der Riesling die Schiefermosel ganz klar dominiert, so unterscheiden sich die vier Gebiete doch in vielerlei Hinsicht. Das alles wollen wir uns jetzt genauer anschauen.
Die Saar
Von der Obermosel fahren wir flussabwärts bis nach Konz und biegen dort ins Saartal ab. Mit ca. 789 Hektar Rebfläche ist die Saar ein kleines, aber extrem feines und für die Mosel sehr bedeutsames Weinanbaugebiet. Das Gebiet erstreckt sich von Filzen/Konz (nahe der Mosel Mündung) bis nach Serrig. Auf der Fahrt entlang der Saar wird schnell deutlich, dass sich die Saarregion eine große Eigenständigkeit bewahrt hat.
Klima, Lage, Böden, Reben
Zwar ist auch hier Riesling die treibende Kraft und auch hier gibt es Schieferböden, aber:
- es gibt keine großen geschlossenen Bewirtschaftungsflächen
- die Weinberge liegen nicht direkt in Flussnähe – wie an der Mittelmosel – sondern sind oft bis zu 100 m höher gelegen
- viele Weinberge liegen in den Seitentälern der Saar, die durch ihre Lage Schutz vor den eisigen Winden bieten, der durch das Saartal wehen
- ähnlich wie im Burgund wechseln sich die Anbauflächen oft mit Waldflächen ab, was die Reben ebenfalls vor kalten Winden schützt
Auf unserer Sekttour durch die Saar werdet ihr bemerken, dass mit die besten und interessantesten Rieslingsekte wieder von der Saar kommen! Und dies in zwei Hauptstilrichtungen:
- mineralischer, rassiger Sekt – die traditionelle, typische Stilistik wie z.B. vom Weingut Dr. Wagner
- lange gereifter, sehr dichter, cremiger Sekt (oft mit betonten Hefe-/Reifearomen), z. B. bei Van Volxem oder Reverchon zu finden
Durch enorme Rekultivierungsmaßnahmen der Steillagen ist die Anbaufläche an der Saar wieder gewachsen. So hat die Saar auch durch Vorzeige-Weingüter wie Van Volxem, Egon-Müller-Schwarzhof oder Von Othegraven einen enormen Imagegewinn erfahren. Aktuell findet eine Rückbesinnung auf Zeiten statt, in denen ein Saarriesling teurer war als ein Bordeaux und auch der Riesling Sekt international zu den begehrtesten Schaumweinen zählte.
Bekannt ist die Saar durch ihre vielen Steilhänge mit bis zu 55 Grad Neigung in Südausrichtung sowie die kleinen, aber recht geschützten Seitentäler, die es dem Riesling erlauben, gut auszureifen. Wie zum Beispiel die Weinlagen von Ayl, Wawern oder Ockfen.
Klimatisch liegt die Saar an der Grenze für die Erzeugung hochwertiger Rieslingweine, da es hier einige Grade kälter ist als im Moseltal. Doch die wärmer werdenden Jahre erlauben ein immer besseres Ausreifen der Rieslingtrauben.
Für den Saarsekt sind vor allem vier Rebsorten wichtig:
- Riesling (80 Prozent der gesamten Rebfläche)
- Weißburgunder
- Blauer Spätburgunder
- Chardonnay
Die Saarregion bietet eine enorme Dichte an Premium Weinlagen wie der Kanzemer Altenberg, Scharzhofberg oder der Saarburger Rausch. Immer öfter kommt von diesen Toplagen auch exzellenter Sekt.
So produziert das Weingut Die Bischöflichen Weingüter Trier (ein Zusammenschluss von 3 historischen, bischöflichen Weingütern im Jahre 1966) vom Grand Cru Weinberg Scharzhofberg einen 2016 Sekt Riesling Scharzhofberger Brut Nature. Die kühle Weinbergslage verleiht dem Sekt eine scharf-würzige mineralische und blumige Struktur. Sehr geradlinig im Stil.
Die Begründer des Saarsekts
Die Sekttradition im Saarland ist eng verbunden mit dem Weingut Dr. Wagner aus Saarburg. Josef Heinrich Wagner, Ur-Ur-Großvater von Christiane Wagner, die heute das Weingut leitet, begründete um 1900 das Weingut als erste Sekt – und Weinkellerei an der Saar. Das Weingut lieferte seine Weine und Sekt bis an den Hof von Sachsen-Coburg. Dieser Tradition fühlt sich Christiane Wagner verpflichtet, so dass z. B. der Dr. Wagner Saar Riesling Brut NV oder auch der Dr. Wagner Saar Riesling Mathilde NV angeboten werden. Die Stilistik des Riesling Brut ist wunderbar rassig, frisch, harmonisch mit viel Zitrus sowie getrockneten Früchten, der Riesling Mathilde etwas voluminöser, fruchtbetonter mit süßem Apfel, Mandarine, dezentem Rauch und Kräuternoten. Dennoch unverkennbar ein Saar Sekt. Die Trauben kommen von renommierten Lagen wie Bockstein (Okfen) oder Saarburger Rausch.
Sein Sohn Adolf Wagner erbaute um 1913 die Sektkellerei Schloss Saarfels im nahe gelegenen Serrig. Heute befindet sich das Weingut anteilig im Besitz der Schloss Wachenheim AG.
Moderne Saar-Sektritter
Ein weiterer Stern am Sekthimmel der Saar ist das Weingut Van Volxem. Nachdem schon das Stillweinsegment zu den besten in Deutschland gehört, hat sich Roman Niewodniczanski den Saarsekt vorgenommen. Der Brut 1900 ist ein Rieslingsekt aus wurzelechten Reben, die zum Teil noch aus der Zeit um 1900 stammen. Passend dazu die bauchige, an alte Champagner erinnernde Flasche und das Art Déco Etikett. Mit dem Brut 1900 ist Van Volxem ist ein wunderbar dichter, komplexer, feinfruchtiger und samtiger Sekt gelungen – die volle Verkostungsnotiz könnt Ihr hier lesen. Ebenso empfehlenswert ist der Pinot Chardonnay Sekt mit seinem feinen Charakter, seiner weichen Textur und den Fruchtaromen von Mirabelle und Pfirsich.
Ein anderer Verfechter von Premium Saar Sekt ist das Weingut Peter Lauer, allerdings geht Peter Lauer einen etwas anderen Weg. Seine Spezialität sind ungewöhnliche Crémants, die sich durch extrem lange Reifezeiten (20 Jahre und mehr sind keine Seltenheit) auszeichnen, wodurch die Perlage sehr fein eingebunden wird. Die Fruchtaromen verwandeln sich aufgrund der oxidativen Reifung in der Flasche zu sogenannten tertiären Aromen wie getrocknete Aprikose, Unterholz oder Kaffeenoten. 1966 fing das Weingut unter Peter Lauer I an, Sekt auf dem Schloss Saarfels zu Crémant zu veredeln. 1984 übernahm Peter Lauer II mit Partnern die historische Weinkellerei Joh. Förster in Trier. Im historischen Jugendstilhaus finden sich große Gewölbekeller, die aufgrund der konstant kühlen Temperatur und Feuchtigkeit und der Dunkelheit ideal zum Reifen von Sekt sind. Aktuell findet man Crémants Réserve aus den Jahren 1984, 1989 oder auch 1996 auf dem Markt, die erst 2019 degorgiert wurden. Als sanften Einstieg empfehle ich den Saar Riesling Brut, der kompakt, dicht und mit schöner Frische glänzt. Aromen sind blumig und kräuterwürzig. Der Crémant 1996 dagegen besticht durch oben genannten Reifenoten, legt aber trotz langer Lagerung immer noch Frische und Komplexität an den Tag. Diesen Crémant muss man im großen Glas genießen und ein wenig atmen lassen.
Auch das historische Weingut Reverchon hat sich in kurzer Zeit unter der Ägide von Hans Maret zu einem ausgezeichneten Sekthaus entwickelt. 2018 wurde es beim IWSC Award zum Best German Winemaker gekürt, und für den Riesling Crémant Brut 2010 verlieh die Zeitschrift Vinum 2018 den Deutschen Sekt Award. Aber wen wundert der Erfolg, spielt doch beim Blanc de Noirs Brut und dem Riesling Crémant Brut die Expertise von keinem geringeren als Volker Raumland vom Sekthaus Raumland mit. So ist dieser gereifte Riesling Crémant Brut wunderbar elegant, harmonisch, mineralisch und zeigt ein dezentes Petrolaroma. Brioche, Akazie und getrocknete Aprikosen am Gaumen komplettieren den geschmeidigen und komplexen Sekt.
Die Ruwer
Und weiter geht’s zu unserer zweiten Station in der Schiefermosel: das Ruwertal. Vom Hunsrück kommend windet sich das kleine Flüsschen Ruwer durch ein enges Tal und mündet in der Nähe von Trier in die Mosel. Von einmal über 300 Hektar Rebfläche ist das Anbaugebiet innerhalb weniger Generationen auf ca. 179 Hektar Rebfläche geschrumpft und damit die kleinste Teilregion der Mosel. Bemerkenswert ist, dass gut ein Drittel der gesamten Anbaufläche den bekannten Weingütern Karthäuserhof, Maximin Grünhaus und Reichsrat von Kesselstatt gehören.
Trier entwickelte sich unter den Römern zu einem Zentrum des Weinbaus. Das Ruwertal – als genialer Weinvorort der Stadt – wurde schnell zu einer bedeutenden Weinregion. So kann man bei Waldrach noch Teile einer römischen Wasserleitung bestaunen sowie bei Mertesdorf Reste einer römischen Gesteinsmühle. Eines der frühesten Zeugnisse für den Weinbau an der Ruwer liefert das Relief „Winzer im Weinkontor“ aus dem 2. Jahrhundert, das ihr im rheinischen Landesmuseum in Trier besichtigen könnt.
Sehr einflussreich für den Weinbau war die Dominanz der Klöster, die ca. 1000 n. Chr. anfing. Den Grundstein legte das Benediktinerkloster Sankt Maxim, welches das Weingut Grünhaus besaß. 1786 verfügte der Trierer Bischof, dass überall nur noch Riesling angebaut werden sollte. Dank der später eingeführten napoleonischen Gesetze wurden die großen Güter immer kleiner parzelliert und die Klöster entmachtet. Sehenswert sind heute die ehemaligen Klostergüter wie Karthäuserhof in Eitelsbach und Maximin Grünhaus bei Mertesdorf.
Klima, Lage, Böden, Reben
Die an den z. T. steilen Südhängen gelegenen Weinberge wechseln sich mit Weiden und Waldflächen ab. Auffällig ist, dass die Weinberge wie kleine Inseln neben dem Fluss Ruwer liegen. Neben kleinen aber feinen Weinorten wie Mertesdorf und Waldrach sind auch Lagen wie Kaseler Nies´chen und Karthäuserhofberg sehr bekannt.
Die Böden bestehen ausschließlich aus Devonschiefer. Und wie an der Saar liegen auch hier die Weinberge nicht direkt am Fluss, sondern etwas höher und sind auch durch Eifel und Hunsrück vor kalten Winden geschützt.
Mit fast 90 Prozent Riesling verzeichnet der Weinbaubereich Ruwer den höchsten Rieslinganteil an der Mosel. Daneben werden Weiß- sowie Spätburgunder angebaut. Das Klima ist etwas moderater als an der Saar, mit warmen Sommern und milden Wintern. Deshalb zeigen sich dichtere Aromen von Beeren und Kräutern im Glas, auch wenn die Steillagen Rieslinge eine ähnlich hohe Mineralität und Feinheit wie die Saarriesling Sekte besitzen können.
Das in Morscheid gelegene Weingut Reichsgraf von Kesselstatt mit Sitz in Schloss Marienlay verfügt über 46 ha bedeutende Weinberge an Mosel, Saar (Scharzhofberg) und Ruwer, u.a in der Lage Kaseler Nies´chen. Als anerkannter Spezialist von Top Rieslingen, stellt das Weingut an der Ruwer den exquisiten Majorat Riesling Sekt Brut her. Diese spannende Cuvée aus den besten Lagen des Weinguts glänzt durch seine feine Rieslingfrische mit Steinobstnoten, ist kraftvoll am Gaumen und besitzt ein elegantes Finish.
Die älteste Sektkellerei im Ruwertal ist das Dominikaner Weingut C. von Nell-Breuning (seit 1670 in Familienbesitz) aus Kasel im Ruwertal. 1970 stellte das Weingut von Christoph und Ingeborg von Nell als erste im Ruwertal Rieslingsekt her.
Heute lagert der Sekt mindestens vier Jahre auf der Hefe bevor er in den Verkauf kommt. Es werden ausschließlich Trauben aus der Monopol-Lage „Kaseler Dominikanerberg“ verwendet, ein südlich ausgerichteter Steilhang mit einer Steigung von 50 Prozent und hervorragendem Schieferboden. Die Familie von Breuning hatte um 1785 enge Beziehungen zum jungen Ludwig van Beethoven. Der Freundschaft zwischen den Breuning Kindern und Ludwig van Beethoven hat das Weingut eine ganze Sektserie gewidmet u. a. der Ludovico Riesling Sekt Brut Kaseler Dominikanerberg. Er zeigt eine straffe und mineralische Struktur und ist dabei harmonisch, mit feiner Pfefferwürze und gelben Steinfruchtaromen.
Ein weiteres spannendes Wein- und Sektgut wird von Christine (Sommelier, Winzerin) und Wolfgang Becker (zwei Sterne Koch, Winzer, Hotelier) unter dem Namen Beckers Weine geführt. Im Trierer Stadtteil Olewigs gelegen, ist Beckers Weine keine Weinstube in normalem Sinne, sondern auch ein Gourmet Tempel. Aber der Wein kam zuerst. Als gelernter Winzer entwickelte Wolfgang Becker eine Passion für gutes Essen. So kam zum elterlichen Weingut ein Restaurant mit zwei Sternen hinzu, für das er nun im Weingut die entsprechenden Weine und Sekte kreiert. Der Cuvée B Extra Brut 2010 (ein Cuvée aus Spätburgunder und Weißburgunder) ist ein wenig verspielt, vollmundig und kräftig. Mit feinem rot beerigen Fruchtspiel und Anklängen von Butter und Kreide erinnert ein wenig an einen cremigen Chablis.
Weiter geht es auf unserer Reise durch das Moselgebiet. Verlassen wir die wunderschönen Seitentäler von Saar und Ruwer und fahren flussabwärts entlang der Mittelmosel.
Die Mittelmosel
Hier entspricht die Mosel eher den typischen Vorstellungen, wie die Mosel auszusehen hat. Durch das enge Tal mäandert sie entlang vieler bekannter, oft mit lokalem Schiefer erbauter Weindörfer wie Trittenheim, Bernkastel-Kues oder Piesport. Vorbei an bekannten Steillagen wie das Goldtröpfchen oder Brauneberger (mit der berühmten Sonnenuhr). Als größter Bereich der Mosel stehen an der Mittelmosel zwischen Trier und Zell die Weinreben auf 5.685 Hektar Rebfläche (von insgesamt 8.743 Hektar Rebflächen).
Klima, Lage, Böden, Reben
Die Mittelmosel wird von der Sonne und Wärme verwöhnt. Das Tal liegt – im Gegensatz zu Saar und Ruwer – viel geschützter, die oft extrem steile südliche Ausrichtung der Hänge erlaubt mit Hilfe des Wärme speichernden Gesteins ein exzellentes Ausreifen der Trauben. Deshalb schmecken die Weine der Mittelmosel oft fruchtiger und kräftiger als jene von Saar oder Ruwer.
Aus welchen Rebsorten wird an der Mittelmosel Sekt produziert?
Mehr als 60 Prozent der Fläche ist mit Riesling bestockt, dazu kommt der Weißburgunder. Aber auch rote Rebsorten wie Spätburgunder haben sich hier längst einen Platz im internationalen Vergleich erobert. An der Mittelmosel fällt auf, dass die Geschichte des Sekts ziemlich jung ist, fingen doch viele Winzer erst in den 70 iger Jahren an, bewusst Sekt zu produzieren.
Seit über 30 Jahren ist das St. Laurentius Sektgut mit Sitz in Leiwen für seinen Sekt bekannt, davor hatte es mit viel Tradition Stillwein produziert. Die Geschichte erzählt, dass ein Besuch aus dem berühmten Champagnerdorf Le Mesnil sur Oger (was für ein Glück für Leiwen!) den Winzer Klaus Herres inspiriert haben soll. Von da an wurde das Gut auf prickelnden Wein umgestellt und Herres lernte in der Champagne die Herstellung nach der „Méthode traditionelle“. Riesling ist die Hauptsorte im Sortiment und das Sekthaus beliefert als Hoflieferant heute sogar das Schloss Bellevue.
Das Sektgut besitzt 80 Jahre alte Rebstöcke, die sich u. a. im Leiwener Laurentiuslay, einer Schiefersteillage mit Südausrichtung, dem Klüsserather Bruderschaft und der Piesporter Erzlay befinden. Die Rebstöcke dieser Lage sind seit dem Schleusenbau in den 60 iger Jahren nur noch mit dem Boot zu erreichen, da die Hanglage mit Felswand gleich über der Mosel anfängt. Heute stellt das Sektgut St. Laurentius ausschließlich Sekt nach der Methode der klassischen Flaschengärung her, u.a. der 2016 Cuvée Pinot Brut – ein Cuvée aus Spätburgunder und Weißburgunder mit reifen gelben Früchten, nussigem und schmelzigem Charakter und angenehmer Körperfülle. Die Säure ist für diese Burgunderstilistik passend fein. Ein exzellenter „Klassiker“ des Hauses ist der Riesling Brut 2016, der aufgrund der Lage Fruchtaromen von saftigen, reifen Äpfeln und Mirabellen zeigt. Die Säure ist animierend mit mineralischen Nuancen. Am Gaumen zeigt der Sekt eine dezente Fruchtsüße.
Das Familienweingut Melsheimer (aktuell ist die 5. Generation mit Thorsten Melsheimer an der Reihe) in Reil an der Mosel ist seit 1995 ein ökologisch arbeitendes Weingut, welches sogar Ziegen im Seitental des Mullay-Hofberg hält. Über eine Länge von einem Kilometer ragt er über dem Fluss auf, durchsetzt von Felsen und steilsten Terrassen. Die Landschaftspflege der Ziegen hilft, das Unkraut kleinzuhalten. Der Reiler Mullay-Hofberg Riesling Sekt Zéro Dosage 2015 ist richtig trocken und mineralisch am Gaumen mit frischer, animierende Säure sowie Zitrusfrüchte im Glas. Der Cuvée Prestige Brut Nature (Pinot Noir und Riesling) 2012 ist ein etwas anderer Cuvée, besticht er doch durch die Kombination von Riesling und Spätburgunder. Der Riesling bringt Frische mit, der Pinot die Feinheit und eine an Rote Johannis- und Stachelbeeren erinnernde Fruchtigkeit.
Auf einer Weinmesse hatte ich die Gelegenheit, das neue Projekt von Philipp Kettern (Weingut Lothar Kettern in Piesport) zu probieren. Er hat sich mit keinem geringeren als Dirk und Daniel Niepoort aus Portugal zusammengetan. Die Begeisterung von Dirk Niepoort für Rieslinge von der Mosel hat 2016 das Projekt Weingut Fio (Fio bedeutet roter Faden auf Portugiesisch) ins Leben gerufen. Das Motto kann man mit Entschleunigung beschreiben: Alles Gute braucht seine Zeit. So gehören mittlerweile auch zwei sogenannte Pétillant Naturel (abgekürzt PET NAT) Sekt/Perlwein dazu – genau wie die Stillweine haben sie lange Jahre in Ruhe auf der Hefe verbracht. Die Stilistik der Fio Weine und der PET NATs ists eine moderne Interpretation der traditionellen Moselschaumweine.
Was ist eigentlich ein PET NAT? Darunter versteht man einen Schaumwein oder Perlwein (je nach Kohlensäuredruck in der Flasche), der als gärender Most in eine Flasche gefüllt und mit einem Kronkorken verschlossen wurde. Der Most gärt nun auf der Flasche weiter und erhöht so den Kohlensäuredruck in der Flasche. Es entstehen so ganz natürlich Bläschen im gärenden Wein. Ist die Gärung abgeschlossen, hat man einen (fast) trockenen Schaumwein, der nicht mit einer Süssreserve/Dosage aufgefüllt wird (Flasche bleibt ja verschlossen). Meist bleibt der PET NAT unfiltriert und ist im Glas trüb! Das ist die Urform der Schaumweinerzeugung – die Methode ancestrale. Mehr Infos findet ihr am Beginn der #sekttourdeutschland – Ihr könnt mehr über die Geschichte des Schaumweines hier nochmals nachlesen.
Kommen wir nun zum PIU PIU Mosel Riesling PET NAT des Weinguts Fio. Die Grundweine stammen aus den Jahren 2010 und 2011, im Jahr 2012 wurden die noch gärenden Grundweine unter Zusatz von Hefe der Spontanvergärung abgefüllt. Das Ergebnis ist ein nicht ganz trockener, dichter, kraftvoller Schaumwein. Würzig in der Aromatik mit Brioche, cremig am Gaumen und dazu mit einer animierenden Rieslingsäure. Ein sehr schmackhafter Vertreter des heute wieder populär werdenden Pétillant Naturel.
Auch kein Unbekannter in der Weinwelt ist das Weingut von Markus Molitor in Bernkastel-Wehlen, der unter der Linie „Haus Klosterberg“ Sekt produziert. Daneben gibt es auch Lagensekt, wie der Prestige Bernkasteler Badstube Riesling Sekt brut 2018, einer klassischen Schiefer-Steillage. Dies gibt dem Sekt einen frischen und mineralischen Charakter. Wegen des langen Hefelagers ist die Mousse am Gaumen sehr fein und schmelzig. Deutlich zeigen sich reife Birnen und saftig süße Mandarinen, dazu ein würziger Abgang mit etwas weißem Pfeffer.
Flussabwärts kommen wir zu einem anderen sehr beeindruckenden Weingut mit Sektgeschichte. Das Weingut Immich-Batterieberg in Enkirch gehört zu den ältesten Weingütern der Mosel. Bereits im Jahre 908 nach Christus urkundlich erwähnt. Die Familie Immich hat mehr als 500 Jahre lang (1425 bis 1989) die Geschicke des Weingutes gelenkt und gehört damit zu den ältesten Winzerfamillien an der Mosel.
Aber wie kamen das Weingut und auch die Lage zu diesem ungewöhnlichen Namen? Ganz einfach: zwischen 1841 und 1845 wurde dieser Weinberg mit unzähligen Sprengbatterien zu einer Spitzenlage geformt und daher Batterieberg genannt. Es ist übrigens die Monopollage des Weingutes. Leider gibt es aus dieser Lage noch keinen Sekt!
2015 Jour Fixe Riesling Brut Nature
Kein geringerer als Gernot Kollmann, früher bei so renommierten Weingütern wie Fürstlich Castell’sches Domänenamt in Franken, Bischöfliche Weingüter und auch Van Volxem tätig, ist hier für die Leitung verantwortlich. Sein 2015 Jour Fixe Riesling Brut Nature wurde aus Trauben u. a. aus der Enkircher Ellergrub hergestellt. Es sind durchschnittlich 60 Jahre alte, z. T. noch wurzelechte Reben, die nur kleine Mengen an sehr konzentrierten Trauben entwickeln. Wunderschöne Balance von Reife und Säure. Am Gaumen rassig, mit frischen Kräuteraromen. Diesen Sekt solltet Ihr in einem größeren Glas (Bordeaux) servieren, um ihm Luft zuzuführen – es zeigen sich dann wunderbare Aromen von Orangenschalen, Mango sowie gerösteten Nüssen. Langes Finish. Beim nächsten Jour Fixe einfach die passende Flasche Sekt mitbringen.
Die Terrassenmosel
Und damit sind wir an der letzten Station unserer Reise entlang der Mosel angelangt. Die Terrassenmosel erstreckt sich von Zell über Cochem nach Koblenz hin zum Deutschen Eck, wo die Mosel schließlich in den Rhein mündet. Hinter Zell verengt sich das Tal, die Mosel schlängelt sich an Hängen entlang, die so steil sind, dass man sie nur mit Hilfe von angelegten Terrassen bewirtschaften kann. Daher rührt auch der Name – Terrassenmosel. Übrigens wird auch darüber diskutiert, die Mosel als längsten Riesling Canyon der Welt zu vermarkten – wir dürfen gespannt sein, was daraus wird.
Mit 68 Prozent Steigung ist der Bremmer Calmont zwischen Bremm und Ediger Eller der steilste Weinberg Europas. Auf die Mutigen unter Euch, die eine Sekttour mit einer sportlichen Herausforderung verbinden wollen, wartet der Klettersteig Calmont. Wie der Name schon sagt, kein Sonntagsspaziergang. Aber so könnt ihr am besten erleben, unter welch extremen Bedingungen hier die Trauben für Weine und Sekte gelesen werden!
Klima, Lage, Böden, Reben
Die niedrige Lage über dem Meeresspiegel, die höhere Durchschnittstemperatur und das Mikroklima bieten Flora und Fauna optimale Bedingungen. Auf quarzhaltigem Sandstein und Schiefer wachsen neben Riesling (60 Prozent der Rebfläche) auch Müller-Thurgau sowie weiße und rote Burgundersorten. An der Terrassenmosel finden wir kraftvolle, erdige Weine mit üppiger Frucht und Körper sowie ausgeprägter Mineralität. Hier entstehen opulente prickelnde Tropfen aus gereiftem Traubenmaterial und selektiver Handlese.
Die Geschichte des Weingutes Franzen in Bremm ist aufregend. Nach dem plötzlichen Tod des Vaters, musste Sohn Kilian Franzen zusammen mit seiner Frau Angelina über Nacht ein Weingut übernehmen. Bewundernswert, welche Frische und Energie das Weingut ausstrahlt. Das Familienweingut Franzen in Bremm (ca. 10 Hektar) hat sich nämlich den Steillagen sowie dem Riesling verschrieben. 90 Prozent der Reben sind Riesling und wachsen auf einer Steigung von 65 Prozent! Dazu gehören der Bremmer Calmont und der Neefener Frauenberg.
Der aktuelle Riesling Sekt 2017 zeigt wunderbar die Rieslingaromatik im Glas – duftendes Steinobst, rassig, mineralisch und feine Hefewürze am Gaumen. Dies nennt man auch Terroir im Glas. Das Weingut produziert kleine Mengen, bitte den Sekt dort anfragen.
Das Weingut Lubentiushof der Familie Barth in Niederfell an der Mosel besitzt Teile der großen Spitzenlage Gondorfer Gäns. Der Riesling Brut 2015 kommt aus dem etwas flacheren Teil dieser Lage. Verbrachte 36 Monate auf der Hefe bevor er 2019 degorgiert wurde. Der Riesling ist angenehm herb mit reifen Mirabellen. Gute, straffe Struktur und sehr animierend am Gaumen.
Ein weiteres Projekt von Susanne und Andreas Barth ist der 2016 L&L Riesling & Grüner Veltliner Brut Nature – eine Marriage von Mosel Riesling mit Kremstaler Grünem Veltliner. Mit von der Partie ist der Lesehof Stagard in Krems, Österreich. Hier fallen sofort die grünen Farbreflexe im Glas auf, für mich so typisch für einen Grüner Veltliner. Feine Perlage am Gaumen, saftig und großzügig. Reife Orangen und Pfirsiche, dazu feine Honig- und Haselnussaromen. Insgesamt hat der Sekt eine toll eingebundene Säurestruktur und verfügt über eine gute Länge.
Ein weiterer spannender Sektproduzent an der Terrassenmosel ist das Weingut Richard Richter in Winningen. Geführt in der 6. Generation von den Brüdern Thomas und Martin Richter wird in der eigenen Sektmanufaktur der 2017 Riesling Sekt Brut hergestellt. Kräftig im Körper, zeigt er reife Frucht von Melone und kandierten Früchten. Schmelzig, mit Honig und Briochenoten und prickelnd am Gaumen. Der 2018 Uhlener Lage Gutssekt Riesling Exra brut kommt aus der Steillage Uhlener Lage (bis 70 Prozent Steigung), die ca. 75 bis 210 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Komplex und mit kräftigem Körper. Blumig und feinfruchtig mit mineralischer Säure. Am Gaumen schmelzig und spritzig endet der Sekt mit einem an Karamell erinnernden Finish.
DREI WINZER STELLEN SICH VOR
Auch für unsere Reise an die Schiefermosel habe ich im Rahmen der Aktion #sekttourdeutschland wieder ausgewählte Winzer eingeladen, sich selbst und die Ideen hinter ihren Sekten vorzustellen:
- Das Weingut Reverchon, in Konz-Filzem an der Saar beheimatet, hat sich in den letzten Jahren qualitativ mit zu den besten Sektproduzenten in Deutschland entwickelt. Regelmäßig werden die Riesling Sekte im In- und Ausland ausgezeichnet. Der 2010 Riesling Crémant Brut hat den Deutschen Sekt Award 2018 der Zeitschrift VINUM gewonnen. Hier geht’s zum Artikel.
- Das Weingut Zum Eulenturm aus Briedel kann auf eine lange Weinbautradition zurückblicken. 2013 hat Timo C. Stölben zum ersten Mal einen Riesling Sekt präsentiert, der im eigenen perfekten Felsenkeller lagert. Seit 2018 ist die gesamte Sektproduktion im Weingut! Hier geht’s zum Artikel.
- Das ökologisch arbeitende Weingut zur Römerkelter – Timo Dienhart aus Maring-Noviand, hat sich zum Ziel gesetzt, dass hochwertige Weine und Sekte im Einklang mit der Natur entstehen können. Die begrünten Steillagen sind wieder voller Leben, so dass sich die Biene wieder wohlfühlt. Hervorgegangen ist die Edition „bee“. Hier geht’s zum Artikel.
- Das Weingut Becker´s mit Sternegastronomie aus Trier ist sicherlich das einzige Sternerestaurant, welches seinen eigenen und perfekt passenden Wein und Sekt produziert. Was war zuerst? Hier geht´s zum Artikel.
In den nächsten Wochen werden weitere Weingüter folgen – stay tuned!
Und damit sind wir am Ende unserer Tour durch die Schiefermosel! Ich hoffe, ich konnte Euch für die spannende Vielfalt der Moselsekte begeistern. Nach dieser ersten Station der #sekttourdeutschland, die Euch hoffentlich auf den Geschmack gebracht hat, geht es im nächsten Blogartikel dann in die Nahe. Es lohnt sich, in diese romantisch perlende Weinbauregion zu schauen – auch hier erwarten Euch jede Menge ambitionierter Sektproduzenten.
#sekttourdeutschland – für mehr Prickeln im Glas!
Falls Ihr Teile der #sekttourdeutschland verpasst habt:
- Einführung #sekttourdeutschland – Weinregionen und ihre Winzer stellen sich vor
- Die Mosel – Obermosel
- Die Nahe
- Rheinhessen