Sekt – eine geschützte Deutsche Wein–Kategorie? Ein lauer Sommerabend in Deutschland. Die Gäste versammeln sich auf einer Terrasse, Gläser klirren, und feine Perlen steigen in goldgelber Flüssigkeit auf. „Sekt“, ruft jemand und hebt das Glas. Doch was steckt hinter diesem prickelnden Genuss? Und ist „Sekt“ ein geschützter Schaumwein? Die Antwort führt mitten hinein in die Welt des europäischen Weinrechts und Verwirrungen von Deutschem Sekt.
Sekt ist die in Deutschland und Österreich übliche Bezeichnung für Qualitätsschaumwein. Er entsteht durch eine zweite alkoholische Gärung, bei der Kohlensäure entsteht und das Getränk seinen charakteristischen „Prickel“ erhält. Grundlage für Sekt ist der sogenannte Sektgrundwein, der aus gesunden, reifen Trauben mit frischer Säure gewonnen wird. Im Gegensatz zu Stillweinen steht dabei nicht der Zuckergehalt, sondern die Säure im Vordergrund, um dem Sekt Frische und Lebendigkeit zu verleihen. Dabei folgt die Herstellung heute der 1986 eingeführten EU-Regelung für Qualitätsschaumwein (wie CO₂-Überdruck im geschlossenen Behälter bei 20 °C mindestens 3,5 bar, der Alkoholgehalt liegt über 10 Volumenprozent). Hergestellt werden darf er mit allen drei Verfahren: Tankgär-, Transvasier- sowie der Traditionellen Flaschengärmethode, dabei ergeben sich große Qualitäts- und Preisunterschiede.
Sekt – eine Deutsche Wein-Kategorie und seine europäischen Verwandten
Die Geschichte des Sekts ist eng mit der europäischen Entwicklung des Schaumweins verbunden. Nach dem Versailler Vertrag von 1919 dürfen deutsche Produzenten ihre Produkte nicht mehr als „Champagner“ bezeichnen – dieser Name ist ausschließlich Schaumweinen aus der Champagne vorbehalten. In Frankreich heißen hochwertige Schaumweine außerhalb der Champagne „Crémant“ oder in Spanien „Cava“. Diese Begriffe sind ebenfalls rechtlich geschützt und an strengere Herkunfts- und Herstellungsregeln gebunden. In Deutschland nutzte man dagegen lange Zeit den Begriff Sekt.

Sekt – Exklusiv geschützte Deutsche Wein-Kategorie?
Obwohl der Begriff „Sekt” historisch in Deutschland für Schaumweine traditioneller Flaschengärung geprägt wurde, sicherlich ist der Ausruf von Schauspielers Ludwig Devrient (1784–1832) „Bringe er mir Sect Schurke“ bekannt, kam es anders.
Bis Anfang der 1970er Jahre war der Begriff „Sekt” in Deutschland gesetzlich geschützt und durfte nur für Schaumweine aus deutschsprachigen Ländern, insbesondere aus Deutschland und Österreich, verwendet werden. Alle aus dem Ausland stammenden in Deutschland verkauften Schaumweine mussten unter der neuen Eu-weiten Kategorie Qualitätsschaumwein verkauft werden. Darin sah man einen unfairen Wettbewerbsvorteil von Sekt, da bereits als eine Art Marke für deutsche Schaumweine bekannt war.
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Der Versuch Deutschlands im Jahr 1973, „Sekt” weiterhin als exklusiven Begriff für deutsche Erzeugnisse zu schützen, scheiterte. Die EU-Kommission und der Europäischen Gerichtshof bewerteten den Gebrauch als diskriminierend gegenüber ausländischen Schaumweinherstellern. Die Begründung: „Sekt” ist ein generischer Begriff für Schaumwein im deutschen Sprachgebrauch, der nicht an eine bestimmte Region gebunden ist. Daher wurde der exklusive Schutz aufgehoben, um den freien Warenverkehr und fairen Wettbewerb im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten. Auch die Bezeichnung Prädikatssekt wurde gestrichen.
Anders beim Champagner: der als geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) registriert ist.

Monopol Sektkellerei fällt
Wichtig ist, dass in dieser Zeit auch große Veränderungen im Weinrecht stattfanden. Das Monopol der Sektkellereien, Sekt ausschließlich produzieren und verkaufen zu dürfen, wurde mit der Neufassung des deutschen Weingesetzes aufgehoben, das am 30. Juli 1971 in Kraft trat. Bis zu diesem Zeitpunkt war es ausschließlich den großen Sektkellereien erlaubt, Sekt herzustellen und zu vermarkten. Erst mit dem neuen Weingesetz konnten auch Winzer, Weingüter und Genossenschaften Sekt produzieren und anbieten. Dies markierte den Beginn des sogenannten Winzersekts in Deutschland.
Nicht-Schutz Sekt als Deutsche Wein-Kategorie: Nicht das alleinige Problem
Sekt kann also weltweit produziert werden. Beispiele hierfür sind Krimsekt und slowenischer Sekt. Das macht es für Qualitätssekt zwar nicht einfacher, ist aber kein großes Problem, da Deutschland weltweit führend in der Sektproduktion ist. Mit der EU-weiten Harmonisierung der Weinmarktordnung wurde der Begriff „Qualitätsschaumwein” eingeführt, der samt Mindestanforderungen für alle Mitgliedstaaten gilt. Wäre hier der Moment gewesen, Sekt eine übersichtliche und leicht zu verstehende Klassifizierung zu geben? Leider ist es Deutschland – anders als später Österreich – nicht gelungen, eine Lösung für das Problem „Sekt als eine Catch-all-Bezeichnung” zu finden. Die von mir erstellte Deutsche Sektpyramide zeigt das Dilemma: Bis zum Winzersekt kann Deutscher Sekt mit allen drei Verfahren hergestellt werden. Es gibt regionale Besonderheiten und weder Handlese noch Maschinenlese sind beim Winzersekt obligatorisch.
Die Preis- und Qualitätsunterschiede sind enorm und die Herstellungsmethoden unterscheiden sich stark, wobei der Konsument oft in Unkenntnis darüber ist. Lediglich der Vermerk „Deutscher Sekt” gibt Auskunft über die Herkunft der Trauben. Eine genauere Einteilung derBegrifflichkeiten nach Herstellungsverfahren wäre hilfreich, da mit allen Methoden hervorragende Schaumweine hergestellt werden können. Aber die Charaktere der Prickler unterscheiden sich sehr! Da wünsche ich mir die Zeiten des Schauspielers Ludwig Devrient zurück. Zu dieser Zeit war die Herstellung von Schaumwein in Deutschland ausschließlich von der traditionellen Flaschengärung geprägt. Er wusste genau, welchen Weinstil er im Glas hatte.
Dieser Artikel wurde weder in Auftrag gegeben noch vergütet und spiegelt alleine die Meinung wider. Weiterführende Links dienen der Wissensvermittlung.
Credit: Fotos by Nicole Wolbers
Über Nicole Wolbers
An der Mosel aufgewachsen, war Wein immer schon ein Wegbegleiter. In Santa Barbara, Kalifornien war Training on the Job im renommierteten “Wine Cask” meine Bewährungsprobe. LERNEN, LERNEN, LERNEN! In Napa & London habe ich meine Ausbildung zum Diploma Wine and Spirits (DipWSET) absolviert. Meine Abschlussarbeit „Champagne“ erhielt vom Champagne Bureau London eine Auszeichnung. Das Schaumweinmagazin ist mein Herzstück: Egal ob Schreiben, Tastings, Events oder Schaumweinauswahl – bei mir treffen Sie auf Know-how und prickelnde Leidenschaft!
