Die Produktion von flaschenvergärtem Sekt hat in Deutschland eine sehr lange Tradition. Im glamourösen 19. Jahrhundert schießen Sektkellereien wie Pilze aus dem Boden. Winzersekt kannte und brauchte man damals nicht, aber warum?
Geschichte
Bis Mitte der 1930 iger Jahre war klar, beim Sekt handelt es sich immer um einen Schaumwein, der nach der klassischen traditionellen Methode wie in der Champagner hergestellt wird. Allerdings wurde es immer populärere Schaumweine in einem druckbeständiger Behälter aus Stahl zu versekten. Die Tankgär– oder Charmatmethode erlaubte es, schneller, günstiger und ohne Verlust der Traubencharakters perlende Wein zu produzieren.
Nach den Kriegszeiten war die Lust auf etwas Prickelndes im Glas groß, der Geldbeutel aber leer. So nahm der Tankgärsekt Fahrt auf und heute entspricht über 95% des Sektmarkes dem Tanksekt.
Die Erfindung des Winzersektes
In den 1980 iger Jahren wollten einige Winzer ihren Sekt selbst herstellen und brachten ihren Grundwein u. a. zur Lohnversekterei. Damit war es für die damalige Gesetzesgrundlage klar, der Sekt hat das Weingut verlassen, somit ist der Winzer nicht mehr der Produzent und er muss sofort die Vorsteuer bezahlen. Dieses Prozedere hätte den finalen Sektpreis noch mehr in die Höhe getrieben und man konnte diese Philosophie auch nicht nachvollziehen! In einem rhetorischen Duell mit dem Richter gewann schließlich Hans Willi Fleischer, Winzer aus Rheinhessen. Die einzige Bedingung des Richters ist:
Der Sekt wird als landwirtschaftliches Erzeugnis eingestuft, sofern er aus Grundweinen besteht, die „der Winzer selbst erzeugt und getrennt nach Weinbergslage, Rebsorte und Jahrgang zur Sektherstellung verwendet“ hat.
Sekthaus Raumland – Medien, besucht 04.03.2021
Nachdem das rechtliche geklärt war, wurde die Kategorie Winzersekt langsam populär und stand für einen hochwertigeren Sekttypus.
Heutige Qualitätsstandards
- Die Trauben für den Sektgrundwein dürfen nur aus den eigenen Weinbergen stammen. Winzersekt ist ein regionales Produkt! Der Sekt darf sich als deutscher Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete (Sekt b.A. oder Qualitätsschaumwein b. A.) bezeichnen wie Deutscher Sekt b. A. Pfalz
- Alle Winzersekte sind nach der traditionellen Flaschengärmethode hergestellt. Das Verfahren ist in der Champagne auch unter dem Namen “Méthode traditionell” bekannt.
- Jeder Winzersekt reift für mindestens neun Monate in der Flasche auf seiner Hefe. Allerdings übertreffen qualitätsbewusste Winzer diese Regel um etliche Jahre. Durch die Reifezeit erhält man eine besonders feine und elegante Perlage bzw. “Mousseux” im Schaumwein.
Winzersekt – Handschrift des Winzers
Definitiv zeigt der Sekt die Handschrift des Winzers. Seine Aufgabe ist es, seine Vorstellungen von Geschmack und Ausdruck in den Schaumwein zu bringen. Dazu bieten sich dem Kellermeister vielfältige Möglichkeiten, so kann er von der Zusammensetzung der Grundweine bis hin zur Geschmacksrichtung variieren. Ihr seht Sekt ist ein hoch kompliziertes, aber auch hoch genussvolles Produkt. Aber schauen wir uns die Vielfalt genauer an:
Farbenvielfalt
Winzersekte werden häufig als Blanc de Blancs (weisse Trauben), Rosé, Blanc de Noir (weissgekelterte rote Trauben) oder als Rotsekt hergestellt.

Restsüsse
Bei weitem sind die Kategorien Brut und Extra Dry die gefragtesten Weine im Sektbereich. doch der Trend geht unvermindert zu trockeneren Schaumweinen der Kategorie Extra Brut und Brut Nature erkennbar.
- brut nature (ohne Dosage) – Restzucker von 0 – 3 Gramm / Liter im Wein
- extra brut – Restzucker von 0 – 6 Gramm / Liter im Wein
- brut – Restzucker von 0-12 Gramm / Liter im Wein
- extra trocken/extra dry – Restzucker von 12 – 17 Gramm / Liter im Wein
- trocken/dry – Restzucker von 17 – 32 Gramm / Liter im Wein
- halbtrocken/demi-sec – Restzucker von 32 – 50 Gramm / Liter im Wein
- mild/dolce/sweet – Restzucker von > 50 Gramm / Liter im Wein
Stilistiken
Hier wird es richtig spannend und zeigt das kein Sekt wie der andere ist:
- Cuvée (Non-Vintage): Mehrere fein abgestimmte Grundweine aus unterschiedlichen Lagen; Jahrgängen oder Rebsorten ergeben aufgrund ihrer bevorzugten Eigenschaften einen harmonischen Sekt.
- Lagensekt: Der Grundwein stammt zu mindestens 85 % aus der genannten Weinbergslage. Diese Sekte können einen sehr individuellen und terroirbezogenen Ausdruck haben.
- Rebsortensekt: Zu mindestens 85 % stammt der Grundwein des Sektes aus der angegebenen Rebsorte und zeigt einen für die Rebsorte typischen Charakter.
- Jahrgangssekt: Zu mindestens 85 % stammt der Grundwein aus dem angegebenen Jahrgang, der sich durch besondere Qualitäten des genannten Jahres auszeichnet.
Woran erkenne ich einen Winzersekt?
Leider verwendet niemand den Begriff “Winzersekt” auf dem Etikett! Für die einen klingt es zu sehr nach Bauer und für andere sind die Anforderungen nicht streng genug. Dennoch hilft die Klassifikation “Winzersekt” auch ohne den Begriff selbst zu erwähnen, dass wir eine durchweg bessere Qualität im Glas haben.
Wie Ihr dies anhand des Etiketts erkennen könnt, verrate ich Euch jetzt – Folgendes sollte aufgedruckt sein:
- „Traditionelle“ oder auch „klassische Flaschengärung“
- Sekt bestimmter Anbaugebiete (Sekt b. A.) z.B. Deutscher Sekt b. A. Pfalz
- Name des Weinbaubetriebes (Abfüller), Amtliche Prüfnummer

Deutsches Sekthandwerk mit Potenzial
Regelmäßig belegen deutsche Winzersekte in internationalen Wettbewerben die vorderen Ränge. Mit den besten Grundweinen und perfektem Sekthandwerk hergestellt, stehen sie den Champagner oder Cavas in deren Qualität in nichts nach. Laßt Euch überzeugen und entdeckt Neues auf der #sekttourdeutschland.
Quelle:
Titelfoto: Deutsches Weininstitut / Textinformationen: Deutsches Weininstitut