Deutsche Sekt Pyramide – davon könnte sich die deutsche Fußballwelt eine Scheibe abschneiden. Seit Jahren sind wir unangefochtener Weltmeister im Sektkonsum – über 3 Liter pro Kopf und Jahr! Sekt ist dabei der unübertroffene Favorit und doch wissen viele nicht, dass sich hinter dem Begriff Sekt eine große Qualitätsvielfalt verbirgt. Welche das sind, zeigt die deutsche Sekt Pyramide.
Eigentlich müsste man von einer Schaumweinpyramide sprechen, denn Schaumwein ist der Oberbegriff für alles, was prickelt. Tatsächlich aber hat sich im Volksmund der Begriff Sekt für alle Arten und Qualitäten durchgesetzt. Das ist verwirrend, denn die Qualitätsunterschiede und auch die Preise können sehr groß sein. Was in Strömen fließt, ist tatsächlich einfacher Sekt “Hergestellt in Deutschland”, der gerne mit billigen, ausländischen Grundweinen nach der Tankgärmethode versektet wird. Unkomplizierter Deutscher Sekt, auch Qualitätsschaumwein genannt, liegt qualitativ über dem Sekt “Hergestellt in Deutschland”. Sie machen 95 % der verkauften Schäumer aus und werden in Supermärkten oder Discountern zu extrem günstigen Preisen angeboten. Die Produzenten dahinter sind riesige Sektkellereien.
Die Deutsche Sekt Pyramide
Ähnlich wie beim Wein gibt es in Deutschland auch für Sekt verschiedene Klassifizierungen, die auf unterschiedlichen Herstellungsmethoden beruhen und damit natürlich auch die Qualität und den Preis beeinflussen. Zu Sekt zählen nur Schaumweine, die nach der ersten oder zweiten alkoholischen Gärung einen Überdruck von mindestens 3 bar erhalten haben. Perlweine (z.B. Prosecco, Secco) fallen nicht darunter, da sie unter 3 bar liegen und dürfen keine Schaumweinausstattung verwenden. Diese gerne als Seccos bezeichneten Weine unterliegen übrigens – im Gegensatz zu Schaumweinen – nicht der Schaumweinsteuer. Dies ist einer der Gründe, warum sie oft billiger angeboten werden.
Der Begriff Qualitätsschaumwein (der ehrlich gesagt auch etwas sperrig klingt) wird allerdings kaum verwendet, man spricht einfach von Sekt. Dieser gliedert sich in Sekt, Sekt b. A. (bestimmter Anbaugebiete), also Qualitätsschaumweine mit Herkunftsbezeichnung wie z. B. Mosel und Winzersekt sowie Crémant als Qualitätsspitze. Genau diese Qualitätsstufen werden im Folgenden näher betrachtet. Die Basis der Pyramide wären die Schaumweine, die unter Zugabe von externer Kohlensäure hergestellt werden, die sogenannten Schaumweine mit zugesetzter Kohlensäure. Diese lassen wir hier außer Acht, da wir die Qualitätsschaumweine betrachten wollen.
Herstellungsmethoden
Die gebräuchlichste Methode der Schaumweinherstellung ist die Tankgärung, bei der der Grundwein in einem Drucktank eine zweite Gärung durchläuft. Im Gegensatz zur traditionellen Methode entfällt hier das aufwändige Rütteln, da mittels Filtern große Mengen Wein von der Hefe getrennt werden können. Da die Anlagen rund um die Uhr laufen können, ist das Verfahren schnell, effizient und vor allem kostengünstig. Der Sekt wird automatisch degorgiert, abgefüllt und für den Verkauf vorbereitet. Dieses Verfahren ist besonders geeignet, die Aromen der Rebsorten zu erhalten, da durch den kurzen Kontakt mit der Hefe keine autolytischen Noten entstehen. Wenn die Grundweine von guter Qualität sind, können auch in dieser Kategorie frische, spannende Schaumweine entstehen. Dies ist jedoch selten der Fall. Die gesamte Herstellungsdauer beträgt nur sechs Monate! Für die traditionelle Flaschengärung und die Transvasiermethode ist dagegen ein Hefekontakt von mindestens 9 Monaten erforderlich. In dieser Kategorie müssen Schaumweine mindestens 3 bar, Qualitätsschaumweine mindestens 3,5 bar aus erster oder zweiter alkoholischer Gärung aufweisen.
Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Schaumweine, bei denen der Most durch eine einzige Gärung zum Schaumwein wird. Dies ist das älteste Verfahren und wird oft auch als Méthode rurale oder Pétillant Naturelle (Pet Nat) bezeichnet. Bekannte Vertreter sind Asti Spumante, Crémant de Die oder auch einfach Pet Nat. Bei der traditionellen Flaschengärung hingegen wird dem Wein durch eine zweite Gärung, die Zugabe von Zucker und Hefe (dem Liquer de tirage), Kohlensäure zugeführt. Die zweite Gärung kann in der Flasche, aber auch in großen Druckbehältern (Großraum- oder Tankgärung) erfolgen. Jedes Anbaugebiet definiert dabei seine Hektarerträge sowie Besonderheiten bei der Herstellung selbst.
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Die Deutsche Sekt Pyramide
Die Qualitätsstufen der deutschen Sektpyramide lassen sich wie folgt einteilen, dabei orientieren sie sich an den Agrarmarktordnungen der EU. So gibt es die Kategorien Schaumwein, Qualitätsschaumwein (inkl. Deutscher Sekt, Winzersekt, Crémant), aromatischer Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure. Wie bereits erwähnt, lassen wir die letzte Kategorie außer Acht und beginnen mit den Weinen, die natürliche Kohlensäure enthalten. Bei den aromatischen Schaumweinen aus z. B. Gewürztraminer, Scheurebe etc. besteht der einzige Unterschied zum normalen Qualitätsschaumwein darin, dass die Cuvée bzw. die aromatischen Rebsorten verwendet werden und die Gärung (z. B. durch Kühlung) unterbrochen wird, da keine Versanddosage erlaubt ist. Eine weitere Unterscheidung findet daher nicht statt.
Die Kategorien
Schaumwein
- Trauben aus Europa
- Geografische Angabe: Deutscher Schaumwein
- Herstellungsverfahren: Tankgärung, Transvasierverfahren, Traditionelle Flaschengärung
- Über 3 bar Druck aus erster oder zweiter alkoholischer Gärung
- Gär- und Herstellungsdauer nicht festgelegt
Qualitätsschaumwein (Sekt) u. a. Deutscher Sekt
- Trauben aus Europa (Sekt hergestellt in Deutschland) oder Deutschland (Deutscher Sekt)
- Herstellungsverfahren: Tankgärung, Transvasierverfahren, Traditionelle Flaschengärung
- Herstellungsdauer: Tankgärung 6 Monate – Traditionelle Flaschengärung 9 Monate
- Über 3,5 bar Druck aus erster oder zweiter alkoholischer Gärung
Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete (Deutscher Sekt b.A.):
- Trauben und ihre Verarbeitung aus einem bestimmten deutschen Anbaugebiet z. B. Pfalz (Deutscher Sekt b.A.)
- Herstellungsverfahren: Tankgärung, Transvasierverfahren, Traditionelle Flaschengärung
- Herstellungsdauer: Tankgärung 6 Monate – Traditionelle Flaschengärung 9 Monate
- Über 3,5 bar Druck aus erster oder zweiter alkoholischer Gärung
- Prüfungsnummer einer sensorischen Verkostung der jeweiligen Landwirtschaftskammer
Winzersekt
- Herstellung aus selbsterzeugten Grundweinen aus eigenen oder gepachteten Rebflächen
- Herstellungsverfahren: Flaschengärung (Traditionelle Flaschengärung & Transvasierverfahren)
- Der Sekt liegt für mindestens 9 Monate auf der Hefe
- Über 3,5 bar Druck aus zweiter alkoholischer Gärung
- Vermarktung durch den Hersteller
- Angabe Rebsorte, Weinbaubetrieb, Jahrgang
Crémant
- Die Traubenernte und -pressung findet in einem einzigen Bundesland statt
- Ernte von Hand
- Ganztraubenpressung
- Restzucker maximal bei 15 g/l.
- Herstellungsverfahren: traditionelle Flaschengärung
- Über 3,5 bar Druck aus zweiter alkoholischer Gärung
- Der Sekt liegt für mindestens 9 Monate auf der Hefe (Ausnahme Mosel: 12 Monate)
- Nur weiße und roséfarbene Crémants erlaubt
- Zugelassene Rebsorten richten sich nach den einzelnen Anbaugebieten
Es ist zu beachten, dass die genauen Anforderungen und Bezeichnungen je nach regionalen Vorschriften variieren können.
Sekt Pyramide als Leitfaden
Da die meisten Schaumweine einfach als Sekt bezeichnet werden, ist es verständlich, dass es hier zu Unsicherheiten bzw. Unklarheiten bezüglich der Qualitäten kommt. Leider ist die Deutsche Sekt Pyramide nur eine Orientierungshilfe, denn oft fallen Premium deutsche Sekte aus dem Raster der Spitzenqualitäten wie Winzersekt oder Crémant heraus. Das kann daran liegen, dass die Rebsorten aus einem anderen Anbaugebiet stammen, aber auch daran, dass die Sekterzeuger ihre Weine z. B. wegen zu viel Bürokratie als Winzersekt oder Crémant nicht deklarieren wollen. Dennoch ist der Überblick hilfreich, um sich beim Thema Sekt besser zurechtzufinden und eine eventuelle Einkaufshilfe zu haben. Eine Vereinfachung der Nomenklatur ist leider nicht in Sicht.
Credits:
Der Artikel wurde weder in Auftrag gegeben, noch vergütet und spiegelt alleine meine Meinung wider. Weiterführende Links haben keinen kommerziellen Nutzen für Das Schaumweinmagazin.
Fotos: Nicole Wolbers, Degorgieren – Deutsches Weininstitut