1996 Champagne: 30 Jahre später

8. Oktober 2025 | Zuletzt verkostet

1996 Champagne: 30 Jahre später. In der Champagne gilt dieser Jahrgang als einer der bemerkenswertesten und umstrittensten, da die Wetterbedingungen zu ungewöhnlich hohen Säurewerten, aber auch zu einer einzigartigen phenolischen Reife führten. Dies ist in der Champagne ein seltenes Ereignis – zumindest in diesem Jahrzehnt. Wie werden sich die Champagner von 1996 im Jahr 2025, also fast 30 Jahre später, präsentieren?

1996 Champagne: Wetterkapriolen

Das Jahr begann mit einem trockenen und kalten Winter, mit Temperaturen, die im Februar auf bis zu -20 °C fielen. Glücklicherweise waren die Schäden an den Reben minimal. Es folgte ein Frühling, in dem die Temperaturen im April auf 26 °C stiegen, was zu einem frühen Austrieb führte. Anfang Mai kehrte jedoch der Frost zurück, begleitet von Hagelstürmen. Darauf folgte ein warmer und sonniger Start in den Juni. Der Sommer war extrem – es wechselten sich Hitze und starke Regenfälle ab, mit einem besonders kalten August und anhaltenden Nordwinden. Diese Winde trockneten die Trauben aus und konzentrierten sowohl den Zucker- als auch den Säuregehalt. Anfang September herrschten schließlich perfekte Reifebedingungen: sonnige Tage, kühle Nächte und trocknende Winde. Die Ernte begann Mitte September in einigen Gebieten und wurde unter klarem Himmel fortgesetzt.

Einzigartiger Jahrgang

Liest man die einschlägigen Expertenmeinungen zu diesem Jahrgang, ist der Tenor einstimmig. Es ist ein einzigartiger Jahrgang, in dem die hohe Säure durch eine hohe Reife ausbalanciert wurde, der allerdings herausfordernd ist. Der Säuregrad von über 10 g/l in Kombination mit einem hohen Alkoholgehalt von 10 % vol kam in diesen Dekaden nicht oft vor. Entsprechend zeigten sich die Weine monumental in Struktur und mit einer Langlebigkeit. Dennoch zeigte sich in den Verkostungen, dass die Säure manchmal zu stark hervortrat – gerade bei jungen Champagnern aus dem Jahrgang. 

Champagner-Connaisseurs schätzten damals, dass das Reifepotenzial vieler Weine erst nach zwei Jahrzehnten erreicht sein wird, wobei besondere Frische, Komplexität, aber auch der Stil deutlich schmeckbar sind. Dennoch stellt sich die Frage, wie gut die Säure integriert bleiben kann, ohne die komplette Frucht- und Reifearomatik zu verlieren. Ein Verkostungsvergleich von RarewineInvest aus dem Jahr 2008 zeigt beispielsweise, dass sich der Krug Clos du Mesnil weiterhin hervorragend in der Flasche entwickelt und im Glas zeigt.

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1996 Champagne – 30 Jahre später

Wie zeigen sich die Champagner nun, fast drei Jahrzehnte später, im Glas? Eine Momentaufnahme. In einer einmaligen Verkostung gab es in zwei Flights die folgenden Schaumweine blind. Mir war nicht bewusst, dass auch der Aperitif, ein Rosé, zum Line-up gehörte. Der Dom Pérignon Rosé 1996 war so präsent, straff und ausbalanciert, dass ich im Leben nicht auf die Idee gekommen wäre, dass es sich um einen 30 Jahre alten Schaumwein handelt. 

Verkostet wurden:

  • Dom Perignon Rosé 1996 Vintage
  • Dom Perignon 1996 Vintage
  • Dom Perignon P2 (Plenitude 2) 1996
  • Dom Perignon Oenothèque 1996, degorgiert 2008
  • Dom Perignon Oenothèque 1996, degorgiert 2013
  • Salon Le Mesnil Vintage 1996
  • Jacques Selosse Vintage 1996, degorgiert 2005
  • Moët & Chandon Grand Vintage 1996
  • Dom Ruinart Blanc de Blancs Vintage 1996
  • Roederer Cristal Oenotheque
  • Louis Roederer Cristal 1996
  • Jacquesson Vintage 1996
  • Pol Roger Cuvée Sir Winston Churchill Vintage 1996
  • Krug Clos du Mesnil Vintage 1996
  • Krug Vintage Brut 1996
  • Bollinger R.D. Extra Brut Vintage 1996
  • Duval-Leroy Femme de Champagne Vintage 1996
  • Philipponnat Clos des Goisses Vintage 1996  (late release)
  • Billecart-Salmon Vintage 1996 / Clos Saint-Hilaire

Die exklusiven Verkostungsnotizen und Einschätzungen können Abonnenten hier im Detail nachlesen. 

Ich fasse meinen sensorischen Eindruck einmal zusammen: Es ergibt sich ein interessantes Aromenspektrum, das an Zitrusfrüchte, grünen Apfel, Kreide, Salz und manchmal tropische Früchte erinnert. Mit zunehmendem Alter entwickeln sich Noten von Honig, gerösteter Brioche, Nüssen, Pilzen und Algen.

Der Gaumen ist präsent und zeigt überwiegend eine frische Säure, die nur bei wenigen Weinen noch so straff ist. Das Mousseaux ist geschmeidig und hat sich im Laufe der Jahre immer mehr in den Wein integriert. Überwiegend als Brut (d.h. mit etwas Restzucker) ausgebaut, wäre für mich die Frage, würden Brut Nature Champagner, die in den letzten Jahre mehr in Mode kommen, auch dieses lange Reifezeit gut überdauern?

1996 Champagne – Qualität überzeugt

Der Champagner aus dem Jahr 1996 ist für seine unvergleichliche Säure und Reife legendär, die Weine von immenser Kraft, Langlebigkeit und manchmal auch kontroversem Charakter hervorbringt. Nach 30 Jahren Reifezeit – auf der Hefe sowie bei einigen eine Nachreife nach dem Degorgieren in der Flasche mit Korkverschluss – zeigen sich die meisten Weine in „sehr guter bis hervorragender, Top-” Kondition. Wenn ich eine Zeitreise unternehme und mir vorstelle, dass die Qualität der Trauben bei der Lese perfekt gewesen sein musste, um diese Langlebigkeit der prickelnden Weine zu erreichen, und dass man bereits eine Vision für einen gereiften Schaumwein hatte. Die Verarbeitung im Keller, die Assemblage und die Lagerung perfekt darauf abgestimmt hat, dann ziehe ich meinen Hut vor den Chef de Cave. Die Kompetenz vieler großer Champagnerhäuser ist beeindruckend, aber auch manch kleineres Maison hat mich im Glas überzeugt. Wer noch einen 1996er im Keller hat, sollte ihn jetzt genießen!

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