Sektkapsel Debatte – Sektflaschen bald ohne? Die Diskussion über Pflicht oder Verzicht in puncto Sektkapsel ist in der Europäischen Union angelangt. Unterstützung für die Interessensgemeinschaft folienfreie Schaumweinflaschen kommt aus dem Ausland. Wir können gespannt sein.
Vor einigen Jahren hat sich eine Gruppe von engagierten Winzer*Innen und Schaumweinproduzent*Innen zur Interessensgemeinschaft folienfreier Schaumweinflaschen zusammen geschlossen. Angetrieben von der Intension, die Schaumweinproduktion umweltfreundlicher sowie ressourcenschonender zu gestalten. In vielen Schaumweinregionen wie Deutschland, Champagne, Spanien (Cava D.O) oder auch Italien (Franciacorta), um nur einige zu nennen, wird schon seit langem an der Reduzierung des Flaschengewichtes geforscht. Man konnte so bereits das Gewicht von über 900 auf unter 800 Gramm reduzieren. Ein wichtiger Schritt, um den Carbon Footprint zu senken und Ressourcen besser zu nutzen.
Resourcenschonende Produktion befürwortet
Interessant ist, dass man die Ausstattung von Pricklern in Deutschland erst durch die Aktivität der Interessensgemeinschaft genauer unter die Lupe genommen hat. Dabei feststellte, dass die Sektkapsel keinerlei (Zusatz-)Funktion für den Verbraucher besitzt. Die Verordnung von 1992 zum Schutz der Schaumweine – mehr dazu im Artikel Sektflasche vor Gericht – ist heutzutage hinfällig geworden. Zu viele andere Getränkekategorien werben mit dem wertigen Look einer Sektflasche, angefangen von prickelnden Mischweingetränken, Cidre bis hin zu Craftbier. Festgestellt wurde auch, dass kaum ein Konsument die Folie wirklich beachtet, sondern sie sofort in den Müll wandert. Etwas, was angesichts der ökologischen Lage nicht wirklich unterstützungswürdig ist. Dass es auch ohne Kapsel optisch gut aussieht, zeigen bereits einige Schaumweinbetriebe auf dem deutschen Markt.
Sektkapsel – Trendwende in Sicht?
Im Rahmen ihrer Umweltpolitik für ein klimaneutrales Europa, dem sogenannten European Green Deal, überlegt die EU-Kommission bereits, die bestehende Sektkapselpflicht neu für alle Mitgliedsstaaten zu bestimmen. Staaten wie Italien unterstützen mit ihrer aktuellen Anfrage nach Wahlfreiheit das Anliegen der deutschen Interessengemeinschaft. Bevor es zur Entscheidung kommt, möchte sich die Kommission ein Bild von der Meinung aller betroffenen Mitgliedsstaaten machen.
Wie ist die Situation in Deutschland?
In der Zwischenzeit wurde einer Revision des Trierer Urteils durch das OVG Koblenz stattgegeben, das heißt auch in Deutschland ist dieses Thema weiter in der Diskussion. Aufgrund des EU-Anliegens veranlasste der deutsche Weinbauverband eine Befragung aller Mitgliedsverbände sowie des Sektverbandes. Es wird interessant sein, welche Rückmeldungen gegeben werden. Ob überall im Sinne des Umweltschutzes entschieden wird, ist offen.
Oder Schutz nur für Schaumweine g.U.?
Die Interessengemeinschaft folienfreier Schaumweinflaschen betont, dass sie für das Recht streiten, eine Wahlfreiheit bei der Folienausstattung zu erwirken. Jeder Produzent kann selbst entscheiden, ob er eine Folie verwendet oder nicht. Allerdings erlaubt dies Ausnahmen zu schaffen. So liest man, dass in Deutschland Überlegungen aufkeimen, bei z.B. Schaumweinen geschütztem geografischen Ursprungs wie Sekt oder Crémant bestimmter Anbaugebiete (b. A.) die Ausstattung doch zu verpflichten. Auch mit dem Gedanken von umweltfreundlicheren Ummantelungen wird gespielt. Sicherlich würden diese Varianten die Müllvermeidung leider nicht zu Hundertprozent verbessern. Winzer*Innen, die keine Sektkapsel verwenden wollen, würden meines Erachtens wieder dazu verpflichtet, wenn sie ihren Schäumer als Sekt bestimmter Anbaugebiete verkaufen wollen.
Ende der Sektkapsel pflicht in Sicht?
Die Chancen stehen gut, dass die Sektkapselpflicht schneller durch eine EU-Verordnung fallen könnte – als durch die vielen bevorstehenden gerichtlichen Instanzen. Grund dafür ist der European Green Deal, welcher ein klimaneutrales Europa anstrebt. Eines ist gewiss, verbindlich bleiben werden Sektkorken und Agraffe (Drahtgestell), da diese in der Tat eine notwendige Sicherung der unter Druck stehenden Flaschen darstellt und ein Verzicht grob fahrlässig wäre.
Es ist an der Zeit, dass die Diskussion über Nachhaltigkeit in der Schaumweinproduktion, in diesem Falle die Sektkapselpflicht endlich größere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Damit ein weiteres Umdenken in der gesamten Weinbranche stattfindet. Die Debatte ist in Fahrt, nun muss sich zeigen, ob Landesverbände und EU-Kommission ihr Commitment in Richtung Umweltschutz, Nachhaltigkeit wirklich ernst nehmen und Taten folgen lassen. Dabei muss man auch den Verbraucher mit ins Boot nehmen, ihm vermitteln, dass die Folie kein Qualitätsmerkmal darstellt – allein der Inhalt zählt. Wer nicht auf eine hübsche Ausstattung beim Schaumwein verzichten mag, dem sei versichert, dass auch eine kreative Gestaltung des Flaschendekors mit Korken und Agraffe ansprechend aussehen kann. Ich für meinen Teil, kann getrost auf die Folie (die übrigens nicht immer einfach zu öffnen ist) komplett verzichten.
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Fotos: Nicole Wolbers & Canva Pro
Quellen: Interessengemeinschaft folienfreier Schaumweinflaschen – Weingut Peter Lauer, Deutscher Weinbauverband e.V., BMEL, Meininger Verlag. Der Artikel wurde nicht in Auftrag gegeben. Weiterführende Links dienen der allgemeinen Information.